DNA-Spur ins Rockermilieu

Bundesanwaltschaft: Alles nicht relevant

  • René Heilig
  • Lesedauer: 3 Min.
Die Behörden gehen gegen Rocker vor. Doch dass es Verbindungen zwischen führenden Köpfen einiger kriminell agierender Clubs und Neonazi-Kameradschaften gab und gibt, stellen sie in Abrede.

»Wir appellieren an alle Motorradclubs, sich nicht von kriminellen Gruppen vereinnahmen zu lassen«, appellierte das Kieler Innenministerium Ende vergangener Woche. Anlass war eine Rocker-Demo, zu der der Motorad-Club Kiowa aus Groß Kummerfeld (Kreis Segeberg) aufgerufen hatte. Grund: Schon seit Längerem sind die Bikerjacken der »Hells Angels« und der »Bandidos« in Kiel, Flensburg sowie Neumünster verboten.

Der MC Kiowa ist - wie die Polizei sagt - sauber. Und auch nicht alle, die sich in die Kluft der Höllenengel oder Banditen zwängen, sind Gangster. Doch dass Clubs oft jenseits des Gesetzes agieren, dass führende Köpfe Teil der internationalen Organisierten Kriminalität sind, an Menschen-, Drogen und Waffenhandel verdienen, ist eine Tatsache. Doch was haben Neonazis damit zu tun?

Bei der Schießerei im Berliner Wedding waren am 5. Juli zwei Männer verletzt worden. Die Ermittler nehmen an, dass es um Auseinandersetzungen zwischen »Bandidos« und »Hells Angels« ging. Beamte stellten eine Patronenhülse mit DNA-Material sicher. Beim Abgleich mit der bundesweiten DNA-Analyse-Datei beim Bundeskriminalamt fanden sich teilweise Übereinstimmungen mit genetischen Spuren an einem Datenträger, der in den Trümmern des gesprengten Hauses des NSU-Terrortrios in Zwickau gefunden wurde. Doch eine mögliche Verbindung der Terrorzelle zur kriminellen Rockerszene ist von der Bundesanwaltschaft - kaum dass es dafür Anhaltspunkte gab - in Frage gestellt worden.

Dass das NSU-Terrortrio sehr wohl Kontakte zu Rockern gehabt hat, ist belegt. Beate Zschäpe soll bei Kieler »Hells Angels« anklopft haben, um - wie ein Ex-Rocker aussagte - für die »Zwickauer Zelle« Handgranaten in Empfang zu nehmen. Sie ging wohl leer aus. Versuchte sie es dann bei der Rocker-Konkurrenz? Belege über eine Nähe zu den »Bandidos« gibt es. Zschäpe wurde erst im vergangenen Jahr in Erfurt bei einem Prozess gegen Bandidos-Mitglieder gesehen. Sie hat sogar mit einem Rechtsanwalt der Rocker darüber gesprochen, ob der nicht - so notwendig - auch ihre Vertretung übernehmen wolle.

Einer der Angeklagten hat gegenüber Ermittlern zwar nicht die Anwesenheit von Zschäpe bei dem Prozess bestätigt, sie aber durchaus für möglich gehalten. Die Terror-Frau könne sogar seinetwegen da gewesen sein. Der Zeuge, der eine Haftstrafe absitzt, hatte in einem Clubhaus der »Bandidos« einen gewissen R. niedergeschlagen. Der sei ein Freund von Ralf Wohlleben gewesen. Dass der Jenaer Kameradschaftsführer und NPD-Mann Kontakt zu den abgetauchten NSU-lern hatte, bestätigt die Bundesanwaltschaft, denn sie führt ihn als Beschuldigten.

Wer Verbindungen zwischen Rockern und militanten Neonazis sucht, kann sich auch die Biografie von Peter Borchert vornehmen. Der einstige NPD-Spitzenmann in Schleswig-Holstein und Anführer von »Combat 18«, dem bewaffneten Arm von Blood & Honour, ist als »Bandido« bekannt.

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