Dürfen Mieter kürzen, wenn keine Warmwasserzähler installiert wurden?

Fortsetzung und Schluss aus ND-Ratgeber 571

  • Dr. jur. Heiinz Kuschel
  • Lesedauer: 3 Min.
In der vorigen Ausgabe begannen wir mit der Information über das Recht von Mietern, ihre Erwärmungskosten für Warmwasser um 15 Prozent zu kürzen, wenn Vermieter keine Warmwasserzähler installiert haben, die den Verbrauch in der Wohnung registrieren. Dies ist im §5 der Heizkostenverordnung vorgeschrieben. Nur in Ausnahmefällen, wenn die Installation solcher Geräte mit »unverhältnismäßig hohen Kosten« verbunden ist, entfällt das Kürzungsrecht. Am Ende des ersten Teils ging es um einen Streitfall, in dem ein Mieter auf Rückzahlung der 15 Prozent bestand, nachdem er bereits die volle Warmwasserkosten-Abrechnung bezahlt hatte, obwohl bei ihm kein Warmwasserzähler in der Wohnung vorhanden ist. Der Vermieter lehnte das mit dem Argument »unverhältnismäßig hohe Kosten« ab. Er gab dazu an, dass vor dem Einbau der Messgeräte eine vollständige Strangsanierung in dem Wohnblock vorgenommen werden müsse. Das würde mindestens 132 000 Mark (zur Zeit des Streits) kosten. Das Gericht stellte sich aber auf die Seite des Mieters: Wenn eine Strangerneuerung tatsächlich unumgänglich ist - damit die Wasserzähler nicht wegen Verschmutzung ausfallen - und der Vermieter die Instandsetzungskosten dafür nicht aufbringen könne, dann sei das sein Problem. Er müsse dann die Kürzung um 15 Prozent hinnehmen. Das Gericht verurteilte ihn zu der vom Mieter geforderten Rückzahlung und stellte zudem fest, dass dieser solange seine Warmwasserkosten um 15 Prozent kürzen dürfe, bis die Ausstattung mit Warmwasserzählern erfolgt ist. Wenn Vermieter dieses Kürzungsrecht der Mieter ablehnen, was Mieter allerdings selbst geltend machen müssen(!), dann haben die Vermieter im Einzelnen nachzuweisen und zu erläutern, weshalb die ihnen entstehenden Kosten »unverhältnismäßig hoch« sein sollen. Sie sind also beweispflichtig. Betroffene Mieter sollten solche Nachweise einfordern, wenn sie ihnen gegenüber nicht erfolgen. Die obere Rechtsprechung hat zum Begriff »Unverhältnismäßig hoch« Berechnungs- und Nachweiskriterien entwickelt, mit deren Hilfe festgestellt werden kann, ob es sich tatsächlich um »unverhältnismäßig hohe Kosten« handelt, mit denen eine Ablehnung begründet werden könnte. Zu vergleichen sind dabei die Kosten der Messgeräte, der Installation, der Wartung, des Austausches (aus Eichgründen), der Ablesung und Abrechnung mit der möglichen 15-prozentigen Einsparung der Kosten von Heizenergie auf der Grundlage der Brennstoffkosten für einen Vergleichszeitraum von zehn Jahren. Übersteigen die errechneten 15 Prozent Heizkosten den Kostenaufwand für die Ausstattung der Wohnungen mit Messgräten und den erläuterten Begleitkosten, liegt keine »Unverhältnismäßigkeit« vor. Konsequenz: Der Vermieter muss entweder die Messgeräte einbauen oder die Kürzung seiner Kosten um 15 Prozent durch die Mieter hinnehmen. Es liegt auf der Hand, dass sich bei einem solchen Streit ein so aufwendiger Vergleich eigentlich nicht lohnt weil der Einbau von Warmwasserzählern nicht teuer ist. Verwirrung gab es nach 1995 mit einigen Ausnahmegenehmigungen. Diese ergaben sich nicht aus dem § 11 Abs. 1a und b der Heizkostenverordnung sondern aus den Paragrafen 11 und 12 der Heizkostenanlageverordnung. Diese Verordnung betrifft jedoch nicht die Regelungen zur Ausstattung von Wohnungen mit Erfassungsgeräten für den Heizenergieverbrauch der Mieter. Sie befasst sich vielmehr mit der Ausstattung von Heizungsanlagen mit Steuerungs- und Regeltechnik, also ein ganz anderer Sachverhalt. Zahlreiche Großvermieter ließen sich damals solche Ausnahmegenehmigungen erteilen. Sie erhielten diese für einige Zeit nach 1995. Dies wurde dann gern genutzt um die Nichtausstattung der Wohnungen mit Erfassungsgeräten zu rechtfertigen und somit das Kürzungsrecht der Mieter zurück zuweisen. Das war falsch, ein Irrtum. Selbst Richtern/Gerichten fällt es oft schwer, diese Unterschiede zu erkennen.
Quellen: U.a. Kinne: »Verbrauchsabhängige Abrechnung von Heiz- und Warmwasserkosten ab 1. Januar 1996«, 1. Teil und 2. Teil veröff. in »Das Hauseigentum« Nr. 10 und 11, 1995; sowie Maciejewski: »Kein Kürzungsrecht bei Ausnahmetatbeständen", veröff. in »Mietrechtliche Mitteilungen« im »BerlinerMietermagazin« Nr. 4/97/89. Beide Publikationen mit zahlreichen Quellen- und Urteilsangaben; ferner: BGH in »Wohnungswirtschaft & Mietrecht« 91/ 282; Kammergericht WM 93/300; Urteil des AG Frankfurt (Oder) vom 21.Januar 2000, Az. 2.2.C 935/99 - (unveröffentlicht).

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