Markant

Schauspieler Werner Dissel gestorben

  • F.-B. Habel
  • Lesedauer: 2 Min.
In einer seiner letzten Rollen sahen wir Werner Dissel in Bernd Böhlichs Springer-Biografie »Der Verleger«. Er war der einzige Mitwirkende, der auch schon dreieinhalb Jahrzehnte zuvor im ersten Springer-Film aufgetreten war - damals in einer der vielen winzigen Rollen, durch die er auch in reifen Jahren noch vielen Filmen die Würze gab. Im hohen Alter spielte Dissel nun Springers Kanzler Konrad Adenauer, den Mann, der in Dissels Heimatstadt Köln Oberbürgermeister gewesen war. Es hätte sich angeboten, die Rolle zu überzeichnen, aber Werner Dissel zeigte Adenauer verhalten, aber prinzipienfest, kaum skurril, aber mit einer Spur des Altersstarrsinns, der Adenauer eigen war. Werner Dissel arbeitete als Bildjournalist und war als aktiver Antifaschist in den dreißiger Jahren zeitweilig inhaftiert. Nach dem Krieg wurde er in Wiesbaden Bühnenbildner bis er sich einem Kabarett anschloss. Der Umweg zum Schauspieler und Regisseur brachte ihm Lebenserfahrungen, die in seine Rollen einflossen. Ab 1960 gehörte er für mehr als zwei Jahrzehnte dem Berliner Ensemble an. Hier waren es meist kleine, aber markante und präzise Auftritte, mit denen er immer wieder auffiel. Erst mit 70 begann für Werner Dissel die große Alterskarriere, als er 1982 in einem Fernsehfilm den großen Charité-Arzt Professor Stoeckel verkörperte. Unvergessen auch sein erschütternder Auftritt in dem DEFA-Film »Coming out« als altgewordener Homosexueller, der bei den Nazis verfolgt und inhaftiert worden war. Vom »Unsichtbaren Visier« bis zum »Immenhof« ist Dissel in vielen Serien aufgetreten, spielte in den 90er Jahren mehr denn je - so den Großvater im Kino-Erfolg »Anatomie«. Am 23. Januar ist er 90-jährig bei Potsdam gestorben.

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