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Hirzel – Karriere des Antifaschisten

Überraschender Präsidentschaftskandidat

  • Lesedauer: 2 Min.

Von JÜRGEN AMENDT

Überraschend gab's gestern einen fünften Kandiaten zur Präsidentschaftswahl, den Republikaner Hans Hirzel (69). Offenbar um sich vom Makel der „ewig Gestrigen“ reinzuwaschen, haben die Reps den ehemaligen NS-Widerstandskämpfer in ihre Reihen aufgenommen und ins Rennen “geschickt. ; . ? / V

Hirzel. war/ < Mitglied ? deW dentischen Widerstandsorganisation „Weiße Rose“ und ist der Sohn eines evangelischen Pfarrers, der in der „Bekennenden Kirche“ Martin Niemöllers in Opposition zum NS-Staat stand. Im „Lexikon des deutschen Widerstandes“ ist der Name deszu den Republikanern übergetretenen Hirzel ehrenvoll vermerkt.

Der 1924 in Ulm geborene Hirzel war ab Beginn der 40er Jahre aktiv im sogenannten „Ulmer Kreis“ der „Weißen Rose“ tätig. Seine Münchner Mitkämpfer Sophie und Hans Scholl wurden im Februar 1943 hingerichtet. Hirzel selbst wurde 1943 zusammen mit seiner Schwester durch

den Präsidenten des „Volksgerichtshofes“, Freisler, zu fünf Jahren Zuchthaus verurteilt.

Nach dem Krieg studierte Hirzel Mathematik und Philosophie an den Universitäten Basel und Tübingen. Bis Mitte der 60er Jahre war er anschließend Redakteur der „Frankfurter Hefte“, einer aus dem antifaschistischen Geist hervorgegangenen linken Zeitschrift. Zudem war Hirzel jahrelang wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Sozialforschung bei Theodor W Adorno und Max Horkheimer, die als Marxisten und Juden während des „Dritten Reiches“ emigrieren mußten.

1965 machte sich Hans Hirzel als Unternehmer selbständig. Bis heute betreibt er in Wiesbaden den „Anlagedienst Hirzel & Co KG“ 1977 trat er der CDU bei. Am 19 April 1993 folgte schließlich der für viele nicht nachvollziehbare Bruch in der Biographie Hirzels. Auf den Tag genau 50 Jahre nach der Verurteilung wegen „staatszersetzender Tätigkeiten“ durch den faschistischen „Volksgerichtshof wechselt er das Parteibuch.

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