Wie Legenden entstehen
sagt Monster. Und Klaus: „Wir hätten uns wahrscheinlich von selbt aufgelöst. Sechs Individualisten, da gibt es immer Spannungen.“ So wurde Renft zur Legende.
erscheint, damit dieses unsinnige und kurzsichtige Berufsverbot rückgängig gemacht wird, damit der Schaden-, der uns, aber in gewisser Weise auch für unser Land schon entstanden ist, nicht noch größer wird.“ Daß der Fürst persönlich das Verbot befürwortete, erfuhr Jentzsch erst jetzt aus seinen Stasiakten. Die Preise für Unterhaltungskunst, die Stammplätze an der Spitze der DDR-Hitparaden, die über 60 000 verkauften LP zählten nicht mehr
Für uns Renft-Fans war das Verschwinden der Band ein Schlag ins Gesicht. Die Puhdys waren kein Ersatz. Deren Texte waren so vernebelt wie ihre Show auf der Bühne. Renft aber sprach uns aus dem Herzen, wenn die Band mit kräftigem Rock'n'Roll wetterte gegen die, die „am Hintern zu schwer und im Kopfe zu bequem“ sind. Wir wollten nicht zu denen gehören, die sich nur kümmern „um den eigenen
Bauch“ und glaubten solidarisch an den „Geist der Kommune“
Mit der Renft-Combo schafften sich unsere angestauten Emotionen Platz - mehr gegen die Eltern als gegen den Staat DDR. Die Alten hatten versprochen: Euch soll es besser gehen. Aber sie gaben vor, wie wir zu leben und uns zu kleiden hätten. Typen mit langen Haaren und „Nietenhosen“ mußten schlechte Menschen sein. Die spießigen verlogenen deutschen Schlager gaukelten eine andere Welt vor, als wir kannten. Nein, nur nicht so werden wie unsere Eltern, für die Reden und Tun zu oft zweierlei waren. Naiv glaubten wir nach dem Wechsel von Ulbricht zu Honecker seinen Versprechungen, es dürfe „keine Tabus“ mehr geben. Mit Renft meinten wir zu fühlen, „alles ist im Fließen, alles ist im Gehn“ Aber von wegen: „Ketten werden knapper“
Die „Rockballade vom kleinen Otto“, dem als Weg nur der Selbstmord bleibt, weil er die Sehnsucht nach dem unerreichbaren Bruder nicht stillen kann, rührte an zu viele Tabus. Selbstmord paßte nicht ins staatlich vorgegebene Bild einer optimistischen DDR-Jugend. Und die von uns - damals mehr unbewußt - gespürte schmerzliche Trennung der beiden Deutschlands noch weniger.
Auch von den Krisen innerhalb der Renft-Band wußten wir nichts. Daß unser Idol Peter „Cäsar“ Gläser ebenso wie Peter „Pjoter“ Kschentz und Jochen Hohl zu denen gehörten, die „nur“ Musik machen und Erfolg in den Medien haben wollten - wir hätten es nicht geglaubt. Der radikalere Flügel der Band mit Thomas „Monster“ Schoppe, Christian „Kuno“ Kunert und Texter Gerulf Pannach, der trotz Verbot bei
Renft auftrat, suchte die Konfrontation mit dem System. Und Renft vermittelte zwischen den beiden Lagern und den Behörden. „Es war ein Glücksfall, daß die Band verboten wurde“,
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Renft, Monster, Kuno und Pannach drängte der Staat zur Ausreise gen Westen. Der Rest fand sich in der Gruppe Karussell wieder Daß deren Chef Wolf-Rüdiger Raschke als IM Wolf Kaiser jahrelang recht intensiv an der Zersetzung der Renft-Combo arbeitete und seine Band zum Erbfolger proklamierte, las Klaus Renft aus seinen Stasiakten.
Jüngst begegneten sich Renft und Quaster von den Puhdys bei der „Supernacht der Oststars“ - der eine im Schlapper-T-Shirt, der andere im teuren Jackett. „Du warst doch immer der Looser“, begrüßt der Puhdy den Renft. Und: „Man mußte früher clever sein, und man muß heute clever sein.“ Was nützt Renft die Erkentnis: „Man leckt sich gegenseitig den Arsch. Aber abgerechnet wird zum Schluß.“
In der Nachwende-Renft-Band kriselt es wie einst. Monster will noch immer mit Rock erstarrte Verhältnisse aufbrechen und dennoch von Musik leben. Renft aber starrt immer wieder mal ins Glas und sucht noch immer unersättlich nach Harmonie.
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