Die Vertreter der Mitgliedstaaten der EU sind sich in den Zielsetzungen einer gemeinsamen Asyl- und Einwanderungspolitik einig: So wenig Flüchtlinge wie möglich. Über die Details wird noch gestritten.
Das Grundprinzip der EU-Asyl- und Einwanderungspolitik steht: Die unerwünschte Zuwanderung unterbinden und die Grenzen der Europäischen Union für Flüchtlinge möglichst undurchlässig machen. Beim Treffen der Justiz- und Innenminister der Europäischen Union am Montag und Dienstag in Luxemburg wurde aber deutlich, dass über Zuständigkeiten, Zeitplan und konkrete Ausgestaltung weiter gestritten wird. Die niederländische Ratspräsidentschaft hatte das »Haager Programm zur Stärkung des Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts« vorgelegt.
Das Arbeitsprogramm, das eine weitere Harmonisierung in Rechts- und Sicherheitsfragen bis 2010 vorsieht, soll von den Staats- und Regierungschefs auf dem Gipfel am 4. und 5.November in Brüssel abgesegnet werden. »Wir haben uns über die Ziele und allgemeinen Grundsätze geeinigt«, erklärte die amtierende Ratsvorsitzende und niederländische Einwanderungsministerin Rita Verdonk nach dem Treffen mit ihren Kollegen. Sie spielte dagegen die strittigen Punkte bei der Umsetzung herunter. So wurde auf der Tagung kontrovers über den Vorstoß des deutschen Innenministers Schily diskutiert, in Nordafrika Auffanglager für Flüchtlinge zu schaffen.
Der Vorschlag wird nun neben den Italienern auch vom britischen Innenminister David Blunkett unterstützt. Abgelehnt wird er aber weiterhin von Spanien und Frankreich. Der französische Innenminister Dominique de Villepin begründete seine Haltung damit, dass die Einwanderung nicht zu stoppen sein wird. »Die so genannten Aufnahmezentren sind überhaupt nicht dazu geeignet, die Flüchtlingsprobleme zu lösen. Wir müssen nach anderen Lösungen suchen«, meinte er. Wobei er auch an die finanzielle Unterstützung der Herkunftsländer der Flüchtlinge denkt. Trotz mancher Bedenken gaben die Minister der EU-Kommission den Auftrag zu prüfen, ob die EU künftig Asylanträge auch außerhalb ihrer Grenzen bearbeiten soll.
Über die Abschottung der Außengrenzen der EU ist man sich zwar einig, aber eine Reihe von Mitgliedstaaten lehnt die Schaffung einer gemeinsamen EU-Grenzpolizei ab. Vor allem Briten, Portugiesen und Slowaken wollen ihre Außengrenzen mit eigenem Personal schützen. Um auch die letzten Schlupflöcher bei der Zuwanderung zu schließen, wird mit Norwegen, Island und der Schweiz über die Verwendung von fälschungssicheren Grenzdokumenten verhandelt. Außerdem ist strittig, ob die Europäische Union in Asyl- und Flüchtlingsfragen von der Einstimmigkeit abrückt und Entscheidungen mit qualifizierter Mehrheit trifft.
Die niederländische EU-Präsidentschaft scheiterte mit ihrem Versuch, in der europäischen Innen- und Justizpolitik weit reichende Mehrheitsentscheidungen festzuschreiben. Mehrere Mitgliedstaaten beharren auf ihrem Vetorecht. Nur mit Mehrheitsentscheidungen bleibe die Gemeinschaft bei Einwanderungsfragen handlungsfähig, warnte der scheidende EU-Kommissar Antonio Vitorino. Vielleicht ist dieser Streit eine Chance für die Flüchtlinge.
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