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Zur Ost-Mentalität

  • Lesedauer: 2 Min.

Zu »Transformierter Ossi noch nicht in Sicht« von Renate Liebsch (ND vom L/2. März):

Der Erkenntniszuwachs der Soziologie zur Spezifik ostdeutscher Mentalität ist unverkennbar Zurück bleiben die Aussagen zu den Ursachen dieser Mentalität:

Einige Soziologen sehen »traditionalistische Werthaltungen« wie »protestantisches Arbeitsethos« als Ursache. Dieser Rückgriff bis tief in die Vergangenheit läßt, falls zutreffend, die DDR-spezifischen Grundlagen (Ursachen) offen. Warum schätzen ostdeutsche eine »sinnvolle Arbeit« stärker? Eine Antwort: Weil sie stärker nach sozialer Sicherheit streben. Zu DDR-Zeiten sahen sie aber soziale Sicherheit als gegeben an und hielten sie für selbstverständlich. Die gegebene Sicherheit war also die Bedingung, in der Ar-

beit weitergehende Sinninhalte zu suchen und zu finden. Die hohe Wertschätzung der Arbeit der Ostdeutschen schon zu DDR-Zeiten kann also keineswegs ausschließlich als Ausdruck ihres Sicherheitsstrebens gewertet werden. Nach den soziologischen Untersuchungen konnten die Ostdeutschen mehr als Westdeutsche im Arbeitsprozeß solche Wertaspekte realisieren wie »Kommunikation, Selbstverwirklichung, Gleichberechtigung, Autonomie, Teilhabe an und Mitgostaltung von gesellschaftlichen Prozessen«. Was war ursächlich?

Sucht die Soziologie die Ursachen nicht in den DDR-spezifischen Verhältnissen, so wird sie sie nicht finden. Geht es um ernsthafte Maßnahmen, dem beklagten Werteverfall entgegenzuwirken, muß man die Ursachen der (positiven) Werte zwecks Förderung kennen, gleich ob die Werte in Ost-oder Westdeutschland gewachsen sind. Andernfalls bleibt nur Gesundbeterei.

Kay Müller 23974 Boiensdorf

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