WIP - Ergebnisse und Konsequenzen
GEW befragte ostdeutsche Wissenschaftsministerien Von Peter Kollewe
Rund 25 000 Wissenschaftler und Mitarbeiter verloren mit der Auflösung der Akademie der Wissenschaften der DDR (AdW) ihre Arbeit. Zur Rettung dieses Potentials beschlossen Bund und Länder 1991 das Wissenschaftler-Integrations-Programm (WIP). Mit einem Volumen von 600 Millionen Mark für die Jahre 1992 bis 1996 sollten die Akademiker in bundesdeutsche Hochschulen integriert werden. GEW und WIP-Räte zogen nun Bilanz, gestützt auf eine Umfrage unter den Wissenschaftsministerien der ostdeutschen Länder
Etwa 2000 Wissenschaftler und technische Mitarbeiter fanden 1992 nach mehrfacher Evaluierung Aufnahme in die WIP-Förderung. 1303 schließlich waren per Dezember 1996, als das WIP auslief, noch in der Förderung - 436 in Berlin, 228 in Brandenburg, 83 in Mecklenburg-Vorpommern, 274 in Sachsen, 129 in Sachsen-Anhalt und 153 in Thüringen. Bis auf wenige Ausnahmen drohte allen die Arbeitslosigkeit. Nur 66 WIPianer hatten Arbeitsvertrage, die über das Jahr 1996 hinausreichten. In Berlin sind lediglich 16 von 436 WIP-Geförderten wirk-
lich integriert worden. Auf Initiative Brandenburgs konnte erreicht werden, daß die im Hochschulsonderprogramm III (HSP III) vorgesehenen 100 Millionen Mark für innovatives Forschungspotential zur Förderung von WIPianern eingesetzt wurden. Der Bund sagte weitere 50 Millionen Mark zu, wenn neue Bundesländer und Berlin die gleiche Summe bereit stellen. Nicht zuletzt auch des massiven Protestes der WIPianer wegen, die Bund und Landesregierungen an einstige Aussagen von 1993 erinnerten. Damals wurde versprochen, spätestens zum 1. Januar 1994 die entsprechenden Voraussetzungen für die erfolgreiche Durchführung des WIP zu schaffen.
Mit 200 Millionen Mark für die Jahre 1997 bis 2000 konnte nur einem Teil der WIPianer die Weiterförderung ermöglicht werden - 93 Prozent in Thüringen, 76 Prozent in Sachsen-Anhalt, rund 62 Prozent in Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern, knapp 50 Prozent in Sachsen und 44,3 Prozent in Berlin. Die Bedingungen sind jedoch von Land zu Land unterschiedlich. In Berlin beispielsweise erhielten weniger als zehn Prozent der ehemaligen WIPianer unbefristete Arbeitsverträge..Sachsen hingegen bot allen 135 Weiterbeschäftigten unbefristete Verträge an. Ab 2001 sollen diese sogar
in die Haushalte der Hochschulen bzw Forschungseinrichtungen übernommen werden. Von Sachsen abgesehen wurden zumeist Zweijahresverträge mit Option auf zweijährige Verlängerung angeboten. Die Unsicherheiten sind also hinausgeschoben.
Kritisch wurde vermerkt, daß der Nachweis eingeworbener Drittmittel als Voraussetzung für die Weiterförderung nur in wenigen Fällen zu erbringen ist. Die Regelung, daß WIPianer nicht selbst bei der Deutschen Forschungsgemeinschaft Fördermittel beantragen können, solange sie nicht über gesicherte Arbeitsplätze verfügen, sei demütigend. Mit einklagbaren Stellenzusagen der Hochschulen könne man jedoch erst ab 2001 rechnen, sagte Ulrich Klemm, ein WIPianer aus Sachsen.
Für den Großteil der Nichtübernommenen blieb nur der Gang zum Arbeitsamt - 40 Prozent in Berlin, zwischen 20 und 30 Prozent in allen Ostländern. Die Aussichten auf einen neuen Job sind eher gering, denn viele sind älter als 50 Jahre.
Ist das WIP gescheitert? Die Meinungen differieren von Land zu Land. Das Fazit von Gerd Köhler vom Geschäftsführenden Vorstand der GEW wurde jedoch geteilt: WIP war konzeptionell nicht zu Ende gedacht, wenn zur gleichen Zeit die Hochschulen umfangreiche Sparpläne übergeholfen bekamen. WIP wurde kleinkrämerisch verwaltet, anstatt sich Gedanken über eine effektive Nutzung des geförderten Forschungspotentials zu machen. Das Engagement der Initiatoren war unbefriedigend, weil Strukturfragen offen blieben. Damals wie heute.
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