Steuerfalle Gemeinschaftskonto

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Bei Ehepaaren sind Gemeinschaftskonten die Regel. Auch Paare ohne Trauschein oder eingetragene Lebenspartner führen oft gemeinsame Konten. Dass die einzelnen Kontobewegungen steuerpflichtige Schenkungen darstellen können, merken die Inhaber meist erst, wenn sich das Finanzamt meldet. Bereits die Einrichtung eines Oder-Kontos mit Geldern nur eines Partners kann eine steuerpflichtige Zuwendung von 50 Prozent des Guthabens darstellen. Laut einem aktuellen Urteil des Finanzgerichts München (4 K 324/02) liegt regelmäßig eine Schenkung vor, wenn ein Einzel- auf ein Gemeinschaftsdepot umgeschrieben wird. Dann ist dem Finanzamt nachzuweisen, dass die Wertpapiere dem neuen Mitinhaber schon vor der Umschreibung zur Hälfte zugestanden haben. Dies wird vielfach im Nachhinein schwer fallen. Auch im Erbfall bringen Gemeinschaftskonten überlebenden Ehepartnern unerwartete Steuerfolgen. Denn die bis dahin aufgelaufenen Zuwächse könnten steuerpflichtige Zuwendungen sein. Da eine Schenkung bis zur Kenntnis durch das Finanzamt nicht verjährt, werden dann rückwirkend einige Jahrzehnte wieder aufgerollt. Haben Ehegatten ein Gemeinschaftskonto eingerichtet, rechnet das Finanzamt beiden Inhabern das Guthaben grundsätzlich erst einmal je zur Hälfte zu. Stirbt ein Ehegatte, fallen somit lediglich 50 Prozent vom Kontostand in den steuerpflichtigen Nachlass. Der überlebende Kontoinhaber kann diese pauschale Sichtweise aber widerlegen. Hierzu muss er nachweisen, dass das Kontoguthaben zu mehr als der Hälfte aus seinem Vermögen stammt. Dann wird steuerlich der entsprechend geringere Anteil erfasst. Dies akzeptieren Finanzbeamte in der Regel aber nur, wenn schriftliche Vereinbarungen zwischen den Eheleuten vorliegen. Sind die nicht gemacht worden, kann als Nachweis auch die Anlage KAP zur Einkommensteuererklärung herhalten. Wurden nämlich die Einnahmen aus den Gemeinschaftskonten nur von einem Partner deklariert, kann dies als Indiz für eine Zuordnung gewertet werden. Ist ein geringerer Anteil nachgewiesen, wirkt sich das mindernd auf die Erbschaftsteuer aus. Dieser positive Effekt ist aber nur die eine Seite der Medaille. Denn nun prüfen Finanzbeamte intensiv, ob bereits in der Vergangenheit Schenkungen zwischen den Eheleuten stattgefunden haben. Das kann dann zu einer nachträglichen Feststellung von Schenkungssteuer führen. Wurde das Gemeinschaftskonto nur vom allein verdienenden Ehegatten gespeist, können bereits Schenkungen vorliegen, wenn der andre Gatte über die Gelder verfügt hat. Diese Sichtweise führt selbst beim Ehegatten-Freibetrag von 307000 Euro schnell zur Steuerpflicht, da laufende Gehaltseingänge über den Zeitraum von zehn Jahren addiert werden. Außen vor bleiben dabei Zuwendungen, die für den gemeinsamen Lebensunterhalt gedacht sind. Daher werden sämtliche Einzahlungen des Alleinverdieners zum Zwecke des Unterhaltes der gesamten Familie nicht erfasst. Weiterhin steuerfrei bleiben Kauf oder Bau eines Eigenheims. Wird dies aus dem Gemeinschaftskonto finanziert, fällt keine Steuer an. Das gilt auch, wenn ein Hausdarlehen abgetragen wird. Die Finanzämter sind angewiesen, ihnen bekannt gewordene Fälle an die Erbschaftsteuerstellen zu übermitteln. Die Sachbearbeiter dort prüfen dann die Historie im Hinblick auf eine Schenkung. Solche Steuerfolgen bei Gemeinschaftskonten haben zumeist nur Vermögende. Ansonsten werden die Gelder zum großen Teil für den Familienbedarf verwendet und der Rest bleibt unter den Freibeträgen. Bei größerem Vermögen und als Alternative zum bürokratischen Nachweis empfiehlt sich eine strikte Kontentrennung. Eine Kontovollmacht für den jeweils anderen Ehegatten über den Tod hinaus wird in der Regel der Interessenlage der Eheleute gerecht. Dr. Hagen Prühs: »Steuern sparen ... für Kapitalanleger«, 220 Seiten, 4. Auflage 2005. Der Band ist für 24,80 Euro erhältlich im Buchhandel, beim VSRW-Verlag, 53179 Bonn, oder im Internet unter ww.vsrw.de (»Bücher«)

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