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Sterben ist auch bloß ein Verb

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Schuld an meiner gegenwärtigen kleinen Depression ist natürlich ein Wessi, mein neuer Nachbar. Sein Anwalt aus Wiesbaden trug mir auf, den Schuhschrank vom gemeinsamen Treppenaufgang zu entfernen. Feuerpolizeilich begründet. Im Namen des Vermieters, rechtlich basierend auf Brandschutzbestimmungen betreffs der Nutzung von Treppenauf- oder -abgängen bei deren etwaiger Fluchtwegfunktion.

Da zwölf Paar Herren- oder drei Paar Damenschuhe ja schon dem Preis eines gebrauchten Mittelklassewagens entsprechen, lagerten bei mir lediglich vergilbte Fernsehzeitungen artfremd im Schuhschrank. Die »Berliner Zeitung« lese ich, seit sie tatsächlich früh erscheint, in der S-Bahn; öfter und öfter unzerknittert, also ungelesen, lasse ich sie auf dem Sitz liegen.

Hingegen öffnete ich nach Intervention des Wiesbadener Anwalts mißmutig die Klappladen des beanstandeten Schuhschranks. Auf Titelblättern fielen mir Uta Schorn und Herbert Köfer entgegen, rückseitig immerhin Günter Schubert. Aufblätternd öffnete sich ein Porträt von Schmidt-Schaller. Das Lächeln Carmen Nebels. Die stumpfen, weißen Zähne der 1199-Besatzung anno Oktober 1989

Hinter geborstenem Holz einer unteren Klappe, zwischen Walter Plathe, Ingeborg Krabbe und Andrea Hörn, verweilte ich kurz gedankenverloren. »FF dabei« 1990. Irgendein sommerlicher Monat.

Mühlfenzls Hysterie angesichts abendlichen Anblicks namhafter Adlershofer Prominenter live - noch immer! Nackte Busen womöglich. »FF dabei« immer dabei. Vor allem auf Innenseiten.

In Abwicklung befindliche Schauspielerinnen klagen ihr künftiges Leid. Das Ballett des DFF probt bereits für seinen letzten Auftritt. Aus Donnerstaggesprächen gellen Hilferufe. Gerd E. Schäfer weint. Die Puhdys gehen vermutlich noch vor Erreichen des Rentenalters zugrunde. Die Pfeffermühle mahlt nicht mehr. Der Distel wird das. Stechen via Bildschirm verwehrt. Wie gut, daß es Maria gibt! Und Heinz! Heinz bleibt vermutlich.

Ein loses Brett rutscht mir auf den Hinterkopf, aus dem Fenster werfe ich die Zeitungen dem offenen Container zu. »Bei all der Jägerei...«, klingt es widerhallend vom tiefen Hof, »... ein bißchen Glück ist immer dabei!« Die kleine Beule macht mir weniger aus. Die Trennung von vergilbendem Altpapier auch nicht. Aber beim derzeitigen Tenor aktueller Bildschirmjournalistik fürchte ich fast, im »Länderspiegel« demnächst (nebenher: Adel ist ja wieder gefragt!) einen Beitrag Karl Eduard von Schnitzlers zu sehen!

Oder aus lieber Gewohnheit abzuschalten.

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