Steinbrück will Nebeneinkünfte offenlegen
Berlin (dpa) - Nach massiver Kritik will SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück alle Informationen zu seinen Honorar-Vorträgen schnell und umfassend offenlegen.Er habe bereits eine Düsseldorfer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft beauftragt, alle Unterlagen dazu noch einmal zu prüfen, sagte er der «Bild»-Zeitung (Samstag).
«Wenn die Arbeit in zwei bis drei Wochen abgeschlossen ist, werden Auftraggeber, Ort und Thema jedes einzelnen Vortrags veröffentlicht», kündigte der Ex-Finanzminister an. Außerdem werde er das durchschnittliche Honorar der bezahlten Vorträge vor und nach Steuern zwischen 2009 bis 2012 publik machen.
Jedes einzelne Honorar genau anzugeben sei «so gut wie unmöglich», erklärte Steinbrück: «Denn dazu müsste jeder Vertragspartner einzeln um Erlaubnis gefragt werden. Wenn nur ein Vertragspartner nicht zustimmt, hängen Sie am Fliegenfänger nach dem Motto: das ist ja wieder nicht vollständig.» Aus der Gesamtsumme der Honorare eine Durchschnittssumme zu veröffentlichen, liege allerdings in seiner Hand.
Die Kritik aus den Reihen der schwarz-gelben Koalition an seinem Umgang mit den Nebeneinkünften wies Steinbrück als «heuchlerisch und scheinheilig» zurück: «Union und FDP waren die heute geltenden Transparenzregeln für Bundestagsabgeordnete viel zu scharf, wir mussten sie gegen ihren Willen durchsetzen.»
Zugleich forderte er die Koalition auf, den Weg für strengere Regeln frei zu machen: «Ich schlage hiermit vor, die Transparenzregeln des Deutschen Bundestages so zu verschärfen, dass alle Abgeordnete auf Heller und Pfennig angeben müssen, von wem und wofür sie in welcher Höhe für eine Nebentätigkeit bezahlt worden sind.» Neben dieser Neuregelung müsse auch die Bestechung von Abgeordneten umfassend unter Strafe gestellt werden. «Ich bin gespannt, ob Frau Merkel, Herr Westerwelle und Herr Seehofer dies unterstützen.»
Derzeit müssen Abgeordnete ihre Nebeneinkünfte in drei Stufen zuordnen: bis 3500 Euro, bis 7000 Euro und mehr als 7000 Euro. Steinbrück hat in der laufenden Legislaturperiode mehr als 80 Vorträge gehalten, für die er Honorare der «Stufe 3» bekommen hat. Wegen der Obergrenze von 7000 Euro in den bisherigen Regeln kann man daraus lediglich schließen, dass er dafür mindestens 560 000 Euro vor Steuern kassiert hat.
Die Koalition signalisierte Bereitschaft, eine strengere Kontrolle bei den Nebeneinkünften nicht länger zu torpedieren. Alle Parteien seien sich einig, mehr Transparenz zu schaffen, sagte Unions-Parlamentsgeschäftsführer Michael Grosse-Brömer (CDU) der «Süddeutsche Zeitung». Seine Fraktion wolle die bislang drei Stufen auf sechs erhöhen.
SPD und Grüne verlangen seit längerem eine Regelung in zehn Stufen, um vor allem hohe Zusatzverdienste von Politikern besser nachvollziehen zu können. Dies lehnen Union und FDP bislang ab. Die Rechtsstellungskommission des Parlaments will am 18. Oktober darüber beraten.
Auch die FDP denkt nach Angaben von Fraktionschef Rainer Brüderle über eine Verschärfung nach. «Wir werden wahrscheinlich diese Konsequenz miteinander gehen müssen», sagte er im ZDF.
«Scheinheilig» nannte die Anti-Korruptionsorganisation Transparency International die Debatte um Steinbrücks Nebeneinkünfte «Interessant ist, dass gerade diejenigen, die bisher klarere Regeln nicht haben wollen, diese plötzlich fordern,» sagte Vorstandsmitglied Jochen Bäumel im rbb. Union und FDP hätten offenbar ein kurzes Gedächtnis. «Herr Westerwelle war vor Jahren mindestens genauso gut dabei. Und da hat von denen, die jetzt so laut aufschreien, keiner gefordert, dass alles auf Heller und Pfennig offengelegt werden soll.»
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