Die weltweit größte Waffenschmiede steht auf der Kippe

Geplante Fusion der Rüstungskonzerne BAE und EADS stößt auf Widerstand in Politik und Wirtschaft

  • Olaf Standke
  • Lesedauer: 3 Min.
Morgen müssen die beteiligten Firmen nach den Londoner Börsenregeln mitteilen, ob sie ihre Pläne weiter verfolgen wollen: Die Megafusion der britischen Waffenschmiede BAE Systems mit dem europäischen Luft- und Raumfahrtkonzern EADS zum weltweit größten Rüstungsunternehmen ist ins Stocken geraten.

Im Falle des Zusammenschlusses von BAE und EADS entstünde im globalen militärisch-industriellen Komplex ein neuer Branchenprimus mit über 220 000 Beschäftigten und einem weltweiten Gesamtumsatz von mehr als 72 Milliarden Euro. Doch das Sperrfeuer gegen die Fusion kommt gleich aus mehreren Richtungen. Erst waren die Verhandlungen zwischen Berlin, Paris und London am vergangenen Freitag ergebnislos abgebrochen worden. Auf deutscher Seite pokerte dabei Lars-Hendrik Röller mit, Wirtschaftsberater von Bundeskanzlerin Angela Merkel. Der britische Verteidigungsminister Philip Hammond forderte anschließend am Wochenende eine deutliche Reduzierung der deutschen und französischen Staatsbeteiligung bei EADS, so dass beide Länder keinen entscheidenden Einfluss mehr auf das anvisierte Gemeinschaftsunternehmen ausüben könnten.

Bisher verfügen Frankreich und Deutschland direkt und indirekt über jeweils etwa 22 Prozent der Anteile an der European Aeronautic Defence and Space Company, in der im Jahr 2000 Daimlers damalige Rüstungstochter DASA, die französische Rüstungsfirma Aérospatiale Matra und die spanische CASA aufgingen. Aus Londoner Sicht bilden allerdings schon neun Prozent die »rote Linie«; man befürchtet ansonsten negative Auswirkungen auf dem US-amerikanischen Markt, wo die Anfang 1999 aus dem Zusammenschluss von British Aerospace mit dem US-Hersteller Marconi Electronic Systems entstandene BAE im Unterschied zu EADS bisher gut im tödlichen Geschäft ist und 40 000 Mitarbeiter beschäftigt.

Zudem verlangt man eine Garantie, dass Frankreich künftig keine weiteren Anteile kaufen werde, was Paris aber ablehnt. Auch an der Forderung der Bundesregierung, Deutschland müsse Sitz eines wichtigen Konzernteils oder gar der Konzernzentrale werden, scheiden sich die Geister. EADS verfügt in Deutschland über 29 Standorte mit fast 50 000 Beschäftigten und verkauft neben zivilen Erzeugnissen wie den Airbus-Passagierflugzeugen auch Militärtransporter, den Eurofighter »Typhoon«, Kampfhubschrauber, Drohnen und elektronische Waffensysteme. Allein 12 000 Mitarbeiter sind hierzulande in der Rüstungssparte Cassidian tätig, so in Manching bei Ingolstadt, wo der Eurofighter gebaut und mit anderen Militärflugzeugen gewartet wird, in Ulm und in Friedrichshafen. Die Cassidian-Zentrale befindet sich im Münchner Vorort Unterschleißheim.

Bleibt es beim Dissens, so Philip Hammond am Sonntag, würde seine Regierung von ihrem Vetorecht Gebrauch machen und die Fusion scheitern lassen - der britische Staat verfügt über eine sogenannte Goldene BAE-Aktie. Am Montag nun schoss auch der mit 13,3 Prozent der Anteile größte BAE-Aktionär quer. Der Investmentfonds Invesco Perpetual verstehe »die strategische Logik des angestrebten Zusammenschlusses nicht« und habe ebenfalls »deutliche Vorbehalte« gegen die hohe Staatsbeteiligung, heißt es in einem Schreiben. Invesco sei »sehr besorgt«, dass dies die wirtschaftlichen Aussichten des neuen Unternehmens beschädigen könnte, vor allem auf dem USA-Markt. Zudem könnten nach einer Fusion eher politische Überlegungen im Vordergrund stehen als der Aktienwert.

BAE, zugleich das größte britische Industrieunternehmen und in der Vergangenheit immer wieder mit schweren Korruptionsvorwürfen konfrontiert, wie EADS erhoffen sich von ihrem Zusammengehen vor allem, angesichts der weltweiten Finanzkrise besser auf die angekündigten Reduzierungen bei den Militärausgaben in den USA und in Europa reagieren und zugleich neue Exportmärkte erschließen zu können. Die beiden Konzernchefs Tom Enders (EADS) und Ian King hatten jüngst an die Regierungen appelliert, die Chancen der Fusion nicht zu verspielen. Laut Londoner Zeitungen soll King bei einem Zusammenschluss angeblich auch persönlich profitieren. Angehäufte Bonuszahlungen in Aktienanteilen seiner 36 Jahre bei BAE würden dann mit einem Schlag fällig - knapp 18 Millionen Pfund (22,4 Mio Euro).

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