Kürzen auf Kommando
Schäuble will EU-Supersparkommissar, der in nationale Haushalte hineinregiert
Anlässlich des bevorstehenden EU-Gipfels geht die deutsche Regierung mit Vorschlägen zu institutionellen Veränderungen der EU in die Offensive. »Wir müssen jetzt größere Schritte zur Fiskalunion machen«, sagte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) am Dienstag in Abu Dhabi bei einer Zwischenlandung auf dem Rückflug aus Asien.
Im Grunde geht es Schäuble um zweierlei: eine stärkere Machtkonzentration in Fragen der Finanzpolitik sowie eine Abnabelung der Eurogruppe vom Rest der EU. Verschärft werden soll der eingeschlagene finanzpolitische Kurs. Mit dem Fiskalpakt verpflichten sich die Teilnehmerländer, nach deutschem Vorbild eine verbindliche nationale Schuldenbremse zu verankern. Verstöße werden von der EU sanktioniert. Allerdings kann der harte Kurs durch Mehrheitsbeschlüsse aufgeweicht werden; es gibt auch kleine direkte Durchgriffsrechte für Brüssel. Hier setzen Schäubles Vorschläge an. Der Bundesfinanzminister will unter anderem den EU-Währungskommissar stärken. Dieser soll künftig Länderhaushalte mit zu hohen Defiziten an die nationalen Parlamente zurückverweisen können und zwar sowohl nach der Etataufstellung als auch nach der Verabschiedung. Korrekturen bleiben aber Sache der Parlamente. Ferner plädiert Schäuble für ein »flexibles Stimmrecht« im Europäischen Parlament. Hier sollten bei Entscheidungen, die nur bestimmte Gruppen wie die Eurozone oder die Schengen-Staaten betreffen, künftig auch nur die Abgeordneten aus den jeweils betroffenen Mitgliedsstaaten abstimmen dürfen.
Bereits beim EU-Gipfel in dieser Woche will Berlin den Vorstoß unterbreiten. Im Idealfall könnte schon im Dezember der sogenannte EU-Konvent der 27 Staaten einberufen werden, der für europäische Vertragsänderungen erforderlich ist. Schäuble hat seinen Plan nach eigenen Angaben bereits in der Eurogruppe vorgestellt. Seine Vorstellungen deckten sich auch mit denen von Kanzlerin Angela Merkel (CDU), sagte er: »Die Bundeskanzlerin und der Bundesfinanzminister sind immer auf einer Linie.« In einigen Punkten will Schäuble aber offenbar weitergehen.
Brüssel reagierte indes zurückhaltend auf die Forderung, den Posten des Währungskommissars zu stärken. »Wir haben bereits einen Super-Kommissar«, sagte die Sprecherin von EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso. Sie verwies auch auf den Zwischenbericht einer hochrangigen Arbeitsgruppe zur Reform der Eurozone, der beim Gipfel am Donnerstag und Freitag beraten werden soll. Er enthält aus Sicht von Kritikern aber viele vage Formulierungen. Veränderungen des EU-Vertrags würden darin bewusst nicht angesprochen. In mehreren EU-Ländern, besonders in Großbritannien, gibt es nämlich erhebliche Vorbehalte gegen derartige Überlegungen.
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