Labour-Triumph bei Nachwahlen
Katastrophe für Konservative im mittelenglischen Corby
Corby bei Northampton galt bis zur vergangenen Woche als Spiegel der öffentlichen Meinung Mittelenglands. 1983 bis 1997 blieb der Wahlkreis fest in konservativer Hand, trotz Niedergang der örtlichen Stahlindustrie und hoher Arbeitslosigkeit. Bei Tony Blairs Wahlsieg 1997 stellte New Labour den Abgeordneten. 2010 eroberte die Groschenromanverfasserin Louise Mensch das Mandat für die Konservativen. Kurz, Corby und Umgebung marschieren seit 30 Jahren immer mit der Mehrheit. Der Rücktritt von Mensch machte nun eine Nachwahl erforderlich - und Corby hat in Gestalt von Andy Sawfords wieder einen Labour-Vertreter: ein Menetekel für die regierenden Konservativen?
Zugegeben: Besondere Umstände machten der Tory-Kandidatin Christine Emmett den Wahlkampf schwer. Ihre Vorgängerin hatte sich lieber in Fernsehstudios als in Corby blicken lassen und folgte nun ihrem Ehemann nach New York. Stahlarbeiter im Ruhestand sehen exotische Eintagsfliegen ungern, aber auch örtliche Konservative fühlten sich brüskiert. Emmetts von der konservativen Zentrale beigestellter Berater ließ durchblicken, er würde einen unabhängigen Rechtskandidaten vorziehen, der gegen den Bau von Windkraftanlagen mit der Begeisterung Don Quichottes kämpfte. Tory-Abgeordnete wollen lieber Atomkraftwerke bauen lassen, sofern sie nicht im eigenen Garten stehen. Da brauchte der Labour-Bewerber nicht viel unternehmen, um zu gewinnen. Dass der Sieg mit 22 Prozent Vorsprung aber so eindeutig ausfiel, überraschte selbst Parteichef Ed Miliband.
Auch die Großwetterlage sieht für die Regierenden schlecht aus. Die Wirtschaft wächst zwar wieder, aber mit kümmerlichen 0,7 Prozent im letzten Quartal, die Inflationsrate steigt auf 2,7 Prozent. Rabiate Sozialkürzungen bei armen Familien und Invaliden greifen um sich. Das bestrafen die Wähler: Auch bei zwei anderen Nachwahlen in Manchester und Cardiff setzten sich Labour-Kandidaten durch. Sogar bei den Abstimmungen über neue Polizeiaufseher in England und Wales erzielte Labour überdurchschnittlich gute Ergebnisse.
Und jetzt? Streit droht zwischen konservativen und liberalen Regierungspartnern: in der Wirtschafts- und Sozialpolitik, aber vor allem in Bezug auf Europa. Denn die Linie von Premier David Cameron lautet: Die Eurozone soll gefälligst besser zusammenarbeiten, aber ohne uns. Wir stehen am Spielfeldrand und rufen nach roten Karten für alle, die uns nicht passen. Mehr noch: Ein Drittel aller Tory-Abgeordneten verlangt eine Volksabstimmung über den Verbleib Britanniens in der EU und plädiert für den sofortigen Austritt.
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