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Sie redete mit Vögeln und Pferden

Elena Poniatowska über Leonora Carrington

  • Sabine Neubert
  • Lesedauer: 3 Min.

Eine Frau von »von arroganter Einzigartigkeit« und englischer Höflichkeit: Leonora Carrington, bewundert von Männern wie Frauen. Viele haben sie geliebt. Ihre Erzählungen tragen Titel wie »Das Haus der Angst«, »Das siebente Pferd«, »Alle Vögel fliegen hoch«, »Die ovale Dame« oder »Das Hörrohr«. Ihre Gemälde sind von fantastischen Fabelwesen bevölkert; eines der bekanntesten ist das für Max Ernst in Saint-Martin d‘Ardeche gemalte Bild »Lop-lop, der Vogelobere«.

»Ich weiß, dass ich ein Pferd bin«, sagt die kleine Leonora zu ihrer Mutter. Am liebsten reitet das Kind einer reichen britischen Industriellenfamilie im Park des elterlichen Anwesens. Ein irisches Kindermädchen erzählt verträumte und verwunschene Geschichten. Das Keltische wird, wie später das Mexikanische, Bestandteil ihrer unerschöpflichen Fantasie. Als junges Mädchen schreibt sie ein »Handbuch des Ungehorsams«.

1937, zwanzigjährig, geht Leonora Carrington mit dem Maler Max Ernst nach Paris, sie verlässt ihr Elternhaus für immer und ertrotzt sich eine freie Existenz als Malerin. In Zukunft wird sie Bewunderung finden und Blessuren erleiden. »Ich bin ein Fohlen«, darauf besteht Leonora auch jetzt. Max Ernst kauft ihr als erstes in einem Pariser Antiquariat ein altes Schaukelpferd. Das Leben in Paris ist ein einziger »surrealistischer Wirbelsturm«, in den die junge Frau hineingezogen wird. Die Surrealisten, allen voran Breton, liegen ihr zu Füßen, sie lernt Miró, Man Ray, Dalí, Picasso, Duchamp - und wie sie alle heißen - mit ihren Verrücktheiten, Provokationen und neuen Ideen kennen.

Leonora und Max Ernst fliehen vor Trubel und Eifersüchteleien in ein kleines französisches Dorf. Sie malen dort zusammen ihre fantasievollen vegetabilen Bilder, erstehen ein Häuschen und einen Weinberg. Dem vagen Glück aber setzen die Zeitumstände ein Ende. 1940 wird Max Ernst zum zweiten Mal verhaftet, Leonora bekommt einen Schock und wird gegen ihren Willen in Spanien in eine Nervenklinik eingeliefert. Dieses Trauma, von dem sie sich nie wieder ganz erholt, prägt später in mancher Hinsicht ihre Werke.

Mit der Flucht nach Mexiko beginnt ein zweites Leben Leonoras (und damit auch ein zweiter, beinahe noch spannenderer Teil des Buches). Die mexikanische Surrealisten-Szene besteht vor allem aus Exilanten. Man erfährt, dass es in Mexiko der Kriegs- und Nachkriegszeit weit mehr als das »Blaue Haus« und den Kreis um Frida Kahlo und Diego Rivera gegeben hat. Leonora gründet mit dem ungarischen Fotografen Chiki (eigentlich I. E. Weisz), einem früheren Mitstreiter Robert Capas, eine Familie, gewinnt neue Freunde, Liebhaber, Bewunderer und stellt in Mexiko und New York ihre Bilder aus. Auch später wird ihr Leben in die politischen Zeitereignisse hineingezogen. Eines bleibt lebenslang: »Sie war eine Frau, die einen verhexte.«

So hat die Autorin die Malerin persönlich, in vielen Gesprächen erlebt. Alles ist spannend zu lesen, bildend, oft überbordend bunt. Das sprudelt wie Schaumwein über den Rand dieser Biografie, die fesselnd ist wie ein Roman.

Elena Poniatowska: Frau des Windes. Roman. A. d. Span. v. Maria Hoffmann-Dartevelle. Insel Verlag. 498 S., geb., 24,95 €

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