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»Klagend sind wir Opfer«

Verena Kast will Zuversicht beschwören

  • Irmtraud Gutschke
  • Lesedauer: 3 Min.

»Man muß ins Gelingen verliebt sein, nicht ins Scheitern«, sagt Ernst Bloch. Wenn aber jemand traurig ist, resigniert, hat er dafür doch Gründe oder glaubt zumindest, solche zu haben? Kann man wirklich »Zuversicht« verschenken mit diesem Buch? Man könnte es versuchen. Auch wenn die, der Beschenkte es zunächst als billigen Trost beiseite legt. Irgendwann wird es doch zur Hand genommen. Und es beginnt zu wirken, schon wenn man einen inneren Widerstand dagegen bemerkt, wenn man mit der Autorin - und sich selbst - in Gedanken zu diskutieren beginnt.

Eine bekannte Psychotherapeutin - aber was kann Verena Kast von einem selber wissen? »Wieder aufbrechen«, sagt sie. Wie soll das möglich sein? »Vertrauen« zum Dasein? - Heißt das, die Augen verschließen, wie ungerecht die Welt eingerichtet ist? - Abgesehen davon, dass es noch nie paradiesische Zustände gab, sich mit Ungerechtigkeit nicht abzufinden, bedarf doch der Zuversicht, dass überhaupt etwas zum Besseren verändert werden kann. Und auch in den kleinen, alltäglichen Dingen braucht es immer wieder Mut und Durchhaltevermögen.

»Wir leben in einer Multioptionsgesellschaft«, sagt Verena Kast. »Die Schwierigkeit besteht darin zu wissen, was wir denn überhaupt wollen.« Was ist mir wichtig, wird sich der Leser dieses Buches fragen. Wäre es erreichbar und wie? Ist es überhaupt ein realistisches Ziel? Es führt kein Weg daran vorbei, den eigenen Platz in der Welt zu überdenken, die eigenen Schattenseiten zu sehen. Was kann man ändern, womit muss man seinen Frieden machen?

»Wichtig ist, dass eine Öffnung der jeweiligen Lebenssituation überhaupt als möglich erscheint, dass man wieder den Eindruck hat, in der Zukunft mehrere Optionen zu haben, auf die man zugreifen kann«, sagt Verena Kast. Aber oft verstellt Angst den Blick. Dabei solle man Befürchtungsphantasien - viele Menschen lassen sich davon dominieren - nicht wegschieben und im Vagen lassen. Erst wenn man sie ernst nimmt und durchdenkt, kann man sich befreien. »Klagend sind wir Opfer - von uns selbst -, ohne es wirklich wahrzunehmen.« Wer glaubt, dadurch besonders kritisch am Puls der Zeit zu sein, kaschiert doch nur eine passive Haltung der Unterordnung und des Abwartens.

Binsenwahrheiten? Oder wehrt manch einer mit diesem Begriff nur ab, was er für sich selbst nicht zu durchdenken wünscht? Wer sich mit den einfachen Sätzen von Verena Kast ein wenig Gedankenarbeit macht, dem werden sie nützen. Manchmal genügt ja schon die Erkenntnis, dass es für böse Stimmung keine Belohnung gibt, dass man sich nur selber schaden kann.

Verena Kast: Zuversicht. Wege aus der Resignation. Herder Verlag. 135 S., br. 8,99 €

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