Athen rüstet selbst in der Krise auf
Auch deutsche Firmen verdienen an den Waffengeschäften
Die Modernisierung der militärischen Ausrüstung Griechenlands und die derzeitige Aufstockung von Munition durch deutsche, französische und britische Unternehmen finden zu einer Zeit statt, in der Kürzungen von Renten und Gehältern eine albtraumhafte Atmosphäre im Land geschaffen haben. Dabei sind die hohen Rüstungsausgaben Mitverursacher der derzeitigen Krise. Vom Regierungswechsel 1974 bis heute hat Griechenland 218 Milliarden Dollar für Rüstungsgüter verschwendet und damit erheblich zur Anhäufung der Staatsschulden beigetragen, erklärte der Abgeordnete der griechischen Partei »Die Grünen«, Nikos Chrisogelos, im Europäischen Parlament in Straßburg.
Laut einem aktuellen Bericht der britischen Tagenzeitung »Independent« war Griechenland zwischen 2001 und 2011 der weltweit fünftgrößte Waffenimporteur (10,3 Milliarden Euro), nach China (24 Mrd. Euro), Indien (23 Mrd. Euro), Südkorea (12,6 Mrd. Euro) und den Vereinigten Arabischen Emiraten (10,9 Mrd. Euro). Nach Angaben des Internationalen Instituts für Friedensforschung in Stockholm (SIPRI) hat der Mittelmeerstaat im Zeitraum von 2007 bis 2011 die meisten konventionellen Waffen aus Deutschland (13 Prozent) und Frankreich (10 Prozent) importiert. Allein auf dem Höhepunkt der Krise und während der Verhandlungen um das erste Sparpaket 2010 haben die »Verbündeten« militärische Ausrüstung im Wert von mehr als einer Milliarde Euro nach Griechenland verkauft.
Die griechische Regierung wollte offensichtlich trotz Krise auf keinen Fall die Rüstungsprogramme beschränken. Aber schließlich haben von ihnen nicht nur die EU-europäische, russische und US-amerikanische Rüstungsindustrie profitiert, sondern auch führende Köpfe eben dieser Regierung sowie Politiker, die für den Import von Militärmaterial zuständig und in den entsprechenden Korruptionsskandalen verwickelt waren. Spitze des Eisbergs ist die Festnahme des ehemaligen Verteidigungsministers Akis Tsohatzopoulos wegen Geldwäsche im Frühjahr dieses Jahres.
2009 und 2010 hat die griechische Regierung ungeachtet weiterer Einsparungen Panzer, Kampfflugzeuge und U-Boote aus Deutschland, Frankreich und den USA gekauft. Dazu gehörten 223 Sturmgeschütze und ein U-Boot aus Deutschland im Wert von über 403 Millionen Euro. Beim jüngsten Rettungsdeal hat sich Athen nun verpflichtet, die Verteidigungsausgaben um 400 Millionen Euro zu reduzieren. Doch übt die Gläubigertroika aus Internationalem Währungsfonds, Europäischer Zentralbank und EU-Kommission auf diesem Feld größere Nachsicht als bei Renten und Löhnen.
Die Rüstungsindustrie ist weiter gern gesehener Gast in Griechenland. Im September kamen Vertreter der deutschen Firma |»Rheinmetall Defense« zu Besuch. Deren Blendschockgranaten werden regelmäßig von der Polizei bei Auseinadersetzungen mit Demonstranten eingesetzt. Mehrere Treffen fanden in diesem Jahr auch mit Vertretern von »Lockheed Martin«, »Eurocopter« und »Dassault Aviation« über die Beschaffung von Kampfflugzeugen des Typs Mirage 2000-5 statt. Und das, obwohl Griechenland, von der Staatspleite bedroht ist.
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