Schluss mit der Laxheit
NRW will Abgeordneten-Bestechung generell unter Strafe stellen
Düssseldorf (dpa/nd). Nordrhein-Westfalen will die Bestechung von Abgeordneten im Strafrecht neu regeln und Korruption damit wirksamer bekämpfen. Das Strafgesetzbuch stelle Bestechung nicht generell unter Strafe, sondern beschränke sich auf den Stimmenkauf bei Abstimmungen und Wahlen in den Parlamenten, kritisierte Justizminister Thomas Kutschaty (SPD) am Freitag in Düsseldorf. Um diese Lücke zu schließen, arbeitet das Land NRW zurzeit im Auftrag der Justizministerkonferenz an einer Ausweitung der Vorschrift. Der Minister will den Vorschlag noch im Frühjahr in den Bundesrat einbringen.
Die Neuregelung solle »sämtliche strafwürdige Verhaltensweisen von und gegenüber Abgeordneten« erfassen, sagte Kutschaty. In Zeiten, in denen einer Arbeitnehmerin gekündigt werde, weil sie von einem Buffet einen für den Müll bestimmten Rest gegessen habe, dürfe es Abgeordneten nicht erlaubt sein, für ihre Tätigkeit »einen Koffer voller Bargeld anzunehmen«.
Rechtsexperten kritisieren schon länger die Praxis in Deutschland, die im Vergleich mit anderen Staaten recht lax ist. In Paragraf 108e des Strafgesetzbuches heißt es: »Wer es unternimmt, für eine Wahl oder Abstimmung im Europäischen Parlament oder in einer Volksvertretung des Bundes, der Länder, Gemeinden oder Gemeindeverbände eine Stimme zu kaufen oder zu verkaufen, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.«
Damit lässt sich Bestechung nach Überzeugung von Experten kaum wirksam bekämpfen. Der Bundesgerichtshof hatte den Gesetzgeber deshalb schon 2006 in seinem Urteil zu einem Korruptionsskandal in Wuppertal dringend aufgefordert, tätig zu werden. Seitdem ist aber nichts mehr geschehen.
Laut Kutschaty haben sich deshalb auch 26 der 30 Dax-Unternehmen an die Bundesregierung gewandt. International verlangten viele Auftraggeber eine Umsetzung der UN-Konvention zur Korruptionsbekämpfung im Herkunftsland der Firmen. Das könnten deutsche Unternehmen aber nicht bieten. Denn wegen der unzureichenden Gesetzeslage sei es Deutschland nicht möglich, die UN-Konvention gegen Korruption von 2003 zu unterzeichnen. »Wir haben hier zurzeit eine rechtliche Situation wie in Syrien und das kann uns eigentlich nicht ruhig schlafen lassen«, so Kutschaty.
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