Untergang mit Dudelsackmusik?
Niedersachsen-CDU droht die Oppositionsrolle
Ein Dudelsack untermalt das Filmchen, mit dem Niedersachsens CDU um Stimmen bei der Landtagswahl am 20. Januar bettelt. Die Klänge seiner schottischen Heimat dürften für Ministerpräsident David McAllister, Spitzenkandidat der Union, ein Mut machendes Pfeifen im Walde sein. Denn er muss um den Machterhalt bangen. Umfragen schreiben der CDU 40 Prozent der Stimmen zu, der SPD 34 und den Grünen 13 Prozent. Ohne den derzeitigen Koalitionspartner FDP, dem die Umfrage nur vier Prozent und damit den Abschied aus dem Parlament verheißt, hätte die Union keine Chance, müsste die Regierung an Rot-Grün abgeben.
David McAllister ist die Abhängigkeit von den Liberalen bewusst. Zumindest ließ er das noch vor knapp zwei Wochen durchblicken: Auf dem Neujahrsempfang der CDU, so vermeldeten mehrere Medien, habe sich der niedersächsische Regierungschef positiv über Wähler geäußert, die ihre Zweitstimme der FDP geben, um die Machtverhältnisse zu stabilisieren. Doch schon zwei Tage später, auf der Klausurtagung der Union in Wilhelmshaven, trompetete McAllister an der Seite seiner Parteichefin Angela Merkel: »Beide Stimmen für die CDU!«
Blind vertraut die CDU also darauf, dass die FDP weiter als Krücke dient. Eine arg angeknackste Stütze, doch das wollen die Christdemokraten nicht sehen. Merkel und McAllister geben sich sicher, dass die FDP die Fünf-Prozent-Hürde überspringt.
Und wenn nicht? Schwarz-Grün soll es nach Aussage des Generalsekretärs der Landes-CDU, Ulf Thiele, auf keinen Fall geben: Der »deutliche Linksruck« bei den Grünen verbiete so eine Verbindung. Eine klare Absage kam auch vom Landesvorsitzenden der Grünen, Jan Haude: »Das ist aktuell nicht vorstellbar.«
Womit aber soll die CDU punkten, um an der Macht zu bleiben? Das Wahlprogramm birgt keine Überraschungen. An den Studiengebühren etwa will die CDU festhalten, ein Beharren, das Niedersachsen innerhalb Deutschlands isolieren dürfte. Der Pannenhafen Jade-Weser-Port soll weiter ausgebaut werden, Gorleben bei der Suche nach einem Atommüllendlager im Topf bleiben. Kategorisch »Nein« sagt die Partei zur Wiedereinführung der Vermögenssteuer.
Punkten kann die CDU dagegen mit McAllister. Er ist vielen Niedersachsen sympathisch, der Nette mit der sanften Stimme, der keinem weh tun möchte, der Unangenehmes lieber weit von sich hält. Wie die Affären um den Ex-Bundespräsidenten Christian Wulff nebst Promiparty »Nord-Süd-Dialog«. Als die Opposition wissen wollte, wie das Land in die teure Sause verstrickt war, gab sich die Regierung McAllisters zugeknöpft - und handelte sich dafür eine Rüge des Staatsgerichtshofes ein. Ein Rüffel, den viele Wähler nicht überhört haben und der McAllisters Hoffnung auf einen Verbleib im Amt dann doch trüben dürfte.
»I'm a Mac« - ich bin ein Mac: Pappschilder mit diesem Bekenntnis zum Spitzenkandidaten tragen CDU-Leute bei Veranstaltungen vor sich her. Außer ihm vermag Niedersachsens Union keine schillernden Stimmenfänger aufzubieten, schon gar keinen Sonnyboy. Eher Hardliner wie Innenminister Uwe Schünemann, der jüngst von einer Flüchtlingsinitiative zum stellvertretenden Abschiebeminister des Jahres gewählt worden war. Er könnte vielleicht jene Klientel vom Stammtisch zur Wahlurne locken, die asylsuchende Menschen lieber auf dem Rückflug sehen als in Deutschland.
Nicht nur Schünemann, sondern auch seine Ministerkollegen dürften bereits über ihre mögliche Zukunft außerhalb des Landtages oder in der Opposition nachgedacht haben. In Hannover geistert die Frage umher: Was macht Mac ohne Macht? Hält ihm die Partei ein Plätzchen warm in Berlin? Gemunkelt wird, McAllister könnte CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe ablösen und später, nach einem eventuellen CDU-Sieg bei der Bundestagswahl, einen Ministerposten bekommen. Stimmt nicht, bekräftigt der Regierungschef. Er wolle in Niedersachsen bleiben. In dem Land, wo es im CDU-Werbefilmchen zur Dudelsackmusik dunkel wird, womöglich auch für Schwarz-Gelb am 20. Januar.
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