Berliner Flughafen droht Ärger mit Brüssel

Vorwurf: Natur- und Umweltverträglichkeit neuer Flugrouten nicht berücksichtigt

  • Lesedauer: 3 Min.
Der Ärger um den Berliner Chaos-Airport reißt nicht ab. Nun droht auch noch Zwist mit Brüssel. Hintergrund sind die heftig umstrittenen neuen Flugrouten.
Berlin (dpa) - Dem noch nicht eröffneten Berliner Pannen-Flughafen droht nun auch juristischer Ärger mit Brüssel. Der Vorwurf: Die Planer hätten die Folgen neuer Flugrouten für Natur und Umwelt nicht geprüft. Das Umweltressort der EU-Kommission empfiehlt deshalb nun, wegen Verletzung europäischen Rechts gegen Deutschland vorzugehen. Dies geht aus einem internen Vermerk der EU-Kommission hervor, der der Nachrichtenagentur dpa am Donnerstag vorlag. Bei der Lösung der Führungskrise zeichnet sich derweil eine Stärkung des Aufsichtsrats durch externe Fachleute ab. Aufsichtsratschef dürfte aber Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) werden.

Ob es tatsächlich zu einem Verfahren wegen der Flugrouten kommt, wird wohl frühestens Ende Februar entschieden. Über den Fall hatte zuvor das ARD-Politikmagazin »Kontraste« berichtet.

Die am 26. Januar 2012 vom Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung beschlossenen Routen führen über die Seenlandschaft im Osten Berlins - was die Anwohner unter anderem am Müggelsee auf die Barrikaden trieb. Ein Beschwerdeführer bei der EU-Kommission fürchtet neben Lärm und Abgasen, dass auf den neuen Strecken mehr Vögel in die Turbinen geraten.

Solche negativen Folgen für die Umwelt seien nach der Änderung der Strecken nicht erneut geprüft worden, befindet auch die Umweltabteilung der EU-Kommission. Das verstoße gegen europäisches Recht. »Die Kommissionsdienststellen ... beabsichtigen die Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens vorzuschlagen«, heißt es in dem internen Dokument.

Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) sagte in der rbb-Abendschau, die Kritik aus Brüssel richte sich gegen die Behörden, die für die Flugsicherung zuständig seien, es richte sich nicht gegen die Flughafengesellschaft. Nicht das Land Berlin oder Brandenburg habe die Flugrouten festgelegt, sondern Bundesbehörden.

Zugleich betonte Wowereit: »Ich sage, wenn es Möglichkeiten der Optimierung von Flugrouten gibt, dann stehen wir natürlich dazu.« Wowereit - bislang noch Aufsichtsratschef des Flughafens - steht wegen der Pannen unter Druck und will den Posten im Kontrollgremium abgeben.

Um eine Lösung der Führungskrise nach der erneuten Absage des Eröffnungstermins für den Hauptstadtflughafen wird weiter gerungen: Dabei zeichnet sich eine Stärkung des Aufsichtsrats durch externe Fachleute ab. Diese soll, wie es aus Kreisen der Bundesregierung hieß, Controlling und Projektsteuerung betreffen. Platzeck, bislang stellvertretender Chef des Kontrollgremiums, kann wohl damit rechnen, vom Aufsichtsrat als dessen Vorsitzender gewählt zu werden. Vor der Sondersitzung des Gremiums am kommenden Mittwoch (16.1.) gibt es aber auch andere Überlegungen.

Wowereit hatte mit Platzeck verabredet, dass der Brandenburger den Berliner an der Spitze des Aufsichtsrats ablösen soll. Die 8 der insgesamt 15 Aufsichtsratsmitglieder aus den beiden Ländern könnten Platzeck mit ihrer Mehrheit durchsetzen.

Die drei Anteilseigner hatten am Vortag erklärt, sie wollten gemeinsam »das Flughafenprojekt erfolgreich zu Ende zu bringen«. Alle Entscheidungen für eine schnellstmögliche Fertigstellung und Eröffnung des Airports sollten einvernehmlich getroffen werden, teilten Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU), Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU), Wowereit und Platzeck nach Beratungen zum weiteren Vorgehen mit.

Wowereit wies am Donnerstag in einer Sondersitzung des Abgeordnetenhauses Rücktrittsforderungen der Opposition zurück. »Ich gehöre zu denjenigen, die nicht weglaufen und sich der Verantwortung stellen«, sagte er. Die Opposition hatte einen Misstrauensantrag gegen Wowereit eingebracht, um ihn zu stürzen. Über den Antrag wird am Samstag in einer weiteren Sondersitzung abgestimmt. Aufgrund der Mehrheitsverhältnisse ist mit einer Ablehnung zu rechnen.

Der Berliner SPD-Landeschef Jan Stöß sagte, die politischen Entscheidungsträger müssten im Flughafen-Aufsichtsrat bleiben. »Trotzdem haben wir uns darauf verständigt, dass der Aufsichtsrat ja auch verstärkt werden soll jetzt um zusätzliche Experten«, sagte Stöß am Donnerstag im Deutschlandfunk. CDU-Fraktionschef Florian Graf sagte dazu im Parlament: »Denn wir wollen ja Leute, die die Probleme lösen.
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