NPD-Organisationen in Karlsruhe erfolgreich
Gericht zur Versammlungsfreiheit: Maßnahmen "primär gegen Störer" richten
Karlsruhe (AFP/nd). Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe hat eine Entscheidung zum Grundrecht auf Versammlungsfreiheit gefällt: Danach dürfen auch Kundgebungen aus dem rechtsextremen Spektrum nur verboten oder eingeschränkt werden, wenn von ihnen selbst Gefahren ausgehen. Damit hatte eine Verfassungsbeschwerde mehrerer NPD-naher Organisationen Erfolg. (Az.: 1 BvR 279/10)
Die hatten für den 16. Oktober 2010 in Leipzig eine Kundgebung mit geschätzt 600 Teilnehmern angemeldet. Bereits ein Jahr zuvor hatte es bundesweit in mehreren Städten rechte Aufzüge unter dem Motto "Recht auf Zukunft" gegeben. In Leipzig war es 2009 im Zuge einer Blockade durch Gegendemonstranten zu Auseinandersetzungen gekommen. Die Polizei löste schließlich die rechte Kundgebung auf.
Nach diesen Erfahrungen untersagte die Stadt Leipzig 2010 die von den Organisatoren geplanten drei Aufzüge und genehmigte lediglich eine vierstündige stationäre Kundgebung im Bereich des Leipziger Hauptbahnhofs. Gegen diese Einschränkung gerichtete Eilanträge blieben bis hinauf zum Bundesverfassungsgericht ohne Erfolg.
Der daraufhin erhobenen Verfassungsbeschwerde gaben die Karlsruher Richter nun aber statt. Das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit sei verletzt worden, heißt es in ihrer Entscheidung. Komme es zu Gegendemonstrationen gegen eine friedliche Versammlung oder seien diese absehbar, müsse die Polizei ihre Maßnahmen „primär gegen die Störer richten“ - gemeint sind in diesem Fall die Gegendemonstranten. Gegen eine friedliche Versammlung selbst dürfe die Polizei nur in der Ausnahmesituation eines „polizeilichen Notstands“ einschreiten.
Im Fall der für 2010 angemeldeten Demonstration in Leipzig habe das Verwaltungsgericht aber gar nicht deutlich gemacht, von welcher Seite der Demonstranten Gewalt droht. Auch habe es sich nicht mit der Frage befasst, warum die Polizei die Auflagen erst kurzfristig verschärft hat. Das Sächsische Oberverwaltungsgericht habe danach zwar kaum noch Zeit für eine gründliche Prüfung gehabt, habe im Ergebnis den Stellenwert der Versammlungsfreiheit aber ebenfalls verkannt.
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