Wettbewerbsspielereien

Kurt Stenger über Privatisierung, Liberalisierung und Wettbewerb

Privatisierung, Liberalisierung, Wettbewerb - es gibt Leute, die darin im Jahr fünf nach Beginn der Finanzkrise immer noch die Lösung aller Probleme sehen. EU-Verkehrskommissar Siim Kallas ist offenbar einer von ihnen; er möchte das dahinsiechende europäische Eisenbahnwesen mit einer kräftigen Wettbewerbsinfusion aufpäppeln. Für ihn liegt die Krux darin, dass in vielen Ländern staatliche Platzhirsche immer noch wie Monopolisten agieren. Das Brüsseler Kalkül: Wenn das dank öffentlicher Fördermilliarden hochprofitable Schienennetz vom Betrieb getrennt wird, gibt es endlich Bahnkonkurrenz auf Augenhöhe, die das Geschäft belebt, viele neue Kunden anlockt und mehr Verkehr auf die Schiene bringt. Was Kallas nicht sehen will: In besonders liberalisierungseifrigen Ländern wie Großbritannien ist ein Flickenteppich entstanden, die Verkehrssicherheit hat schwer gelitten und Beschäftigte werden mit Dumpinglöhnen abgespeist.

Dass die jetzige Lage unhaltbar ist, in der Staatskonzerne zu profitorientierten Global Playern mutieren, lässt sich nicht bestreiten. Allerdings kann man an den Strukturen auf der Schiene herumregulieren, wie man will - das Problem liegt in Ländern wie der Bundesrepublik ganz woanders: darin, dass die Bahn gegenüber dem steuerlich subventionierten Straßen- und Flugverkehr benachteiligt wird. Hier müsste der Gesetzgeber auf nationaler wie auch europäischer Ebene ansetzen. Mit Wettbewerbsspielereien wäre niemandem geholfen.

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