Flüchtlinge geben nicht klein bei
Tribunal im Juni in Berlin geplant
Selbstbewusst formulieren die Flüchtlinge am Berliner Oranienplatz ihre Forderungen. Unterstützung von Antirassisten sei willkommen; das von manchen humanitären christlichen Organisationen gezeichnete Bild hilf- und wehrloser Personen allerdings behagt ihnen ganz und gar nicht. Osaren Igbinoba: »Wir müssen alle zusammenarbeiten, um die koloniale Ungerechtigkeit zu brechen.« Teilweise über Jahre hinweg kämpfen die Aktivisten gegen Abschiebung und Residenzpflicht. Teilweise auch erfolgreich. In Thüringen wurden bereits mehrere der kritisierten Flüchtlingslager geschlossen.
Schon seit Monaten bereiten die Aktivisten ein Internationales Flüchtlingstribunal vor, das vom 13. bis 16. Juni in Berlin stattfinden soll. Angeklagt wird die Bundesrepublik Deutschland. Dabei wollen sich die Flüchtlingsorganisationen nicht auf die Kritik an der Asylgesetzgebung beschränken. So wird in der Anklageschrift des Tribunals darauf verwiesen, dass die deutsche Wirtschaft mit der Arbeitskraft von Millionen »Gastarbeitern« aufgebaut wurde. Zugleich sei sie für die Ausbeutung der afrikanischen Länder mit verantwortlich. Damit werde Not und Elend geschaffen, was dazu geführt habe, dass viele Menschen ihre Länder verlassen, weil sie sich in Europa ein besseres Leben erhoffen. Mit der Parole »Wir sind hier, weil ihr unsere Länder zerstört«, haben Flüchtlinge diesen Zusammenhang immer wieder in der deutschen Öffentlichkeit darzustellen versucht. Auf dem Tribunal sollen die persönlichen Geschichten von Flüchtlingen über Flucht, Repression und Widerstand dokumentiert werden. Sie bilden die Grundlage für die Anklage vor dem Tribunal.
Ein Schwerpunkt des Flüchtlingswiderstands soll der Kampf gegen das europäische Grenzregime sein, das immer wieder viele Flüchtlinge das Leben kostet. Igbinoba weist darauf hin, dass die Überwachungstechnologie ein profitables Geschäft auch für deutsche Unternehmen sei. Dieser Aspekt soll stärker in den Mittelpunkt der Kampagne gegen das Grenzregime gerückt werden. Der Workshop und die vorgestellte Protestagenda machen deutlich, dass die Flüchtlinge an den Aufbruch vom letzten Jahr anknüpfen wollen. Und sie sehen sich nicht nur als Menschen, die Solidarität brauchen. Sondern sie betrachten ihre Aktionen als Teil einer solidarischen Bewegung von Unterdrückten und Ausgegrenzten.
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