Irgendwas zwischen Zirkus Krone und Krieg
Auf der Waffenmesse in Abu Dhabi ist »Made in Germany« begehrt
»Grade in Abu Dhabi gelandet, und wer läuft mir schon im Flughafen über den Weg? Der Chef von Krauss-Maffei Wegmann«, schrieb der Bundestagsabgeordnete der Linkspartei Jan van Aken am Sonntagabend an seine Facebook-Freunde. Doch das war nur ein Vorgeschmack auf das, was ihn am folgenden Tag auf dem Messegelände erwartete: eine Stunde lang Vorführung des neuesten Militärmaterials - Fallschirmjäger und Panzer, Kampfjets und Hubschrauber. »Das war irgendwas zwischen Zirkus Krone und Krieg«, sagte van Aken und wünscht sich, dass IDEX seine erste und letzte Waffenmesse bleibt.
Solche Zurückhaltung findet man bei den deutschen Ausstellern natürlich nicht. 69 Stände sind von verschiedenen Firmen mit »Made in Germany« bestückt. »Der Mittlere Osten zählt zu den sicherheitspolitischen Schlüsselregionen«, heißt es beispielsweise bei Rheinmetall. Dessen Vertreter sind stolz darauf, dass es »zwischen der westlichen Staatengemeinschaft und zahlreichen Nationen des Gulf Cooperation Councils enge Partnerschaften und Kooperationen« gibt.
Als erstes rein deutsches Unternehmen liegt im aktuellen SIPRI-Bericht Rheinmetall auf Platz 26. Es ist damit seit 2010 fünf Plätze vorne gerutscht. Der Umsatz im Militärbereich 2011 stieg von 2,66 auf 2,98 Milliarden US-Dollar.
Rheinmetall steht für eine Tendenz: Mögen auch die Umsatzzahlen insgesamt zurückgehen, die deutschen Erzeuger legen zu. ThyssenKrupp hat es auf Position 49 geschafft. Zwei Milliarden US-Dollar beträgt der Umsatz, der vor allem durch den Bau von Kriegsschiffen erreicht wird. Der Panzerhersteller Krauss-Maffei Wegmann liegt auf Platz 54 und Diehl, wo vor allem Munition aller Art produziert wird, steht auf Listenplatz 60.
Wer sich nur auf deutsche Unternehmen kapriziert, unterschätzt die Rüstungsmacht Deutschland. Der Luft-, Raumfahrt- und Rüstungsmulti EADS beispielsweise liegt nach fünf US-Konzernen und dem britischen BAE-Systems an siebter Stelle. Umsatz: 16,39 Milliarden US-Dollar. Andere multinationale Unternehmen werden von SIPRI nur national ausgewiesen. Doch der Flugkörperproduzent MBDA (Umsatzsteigerung von 3,7 auf 4,1 Milliarden US-Dollar) arbeitet auch mit deutschem Kapital. So wie die Eurocopter-Group.
Die Umsatzzahlen können nicht überraschen, denn Rüstungsexport wird durch die Merkel-Regierung nicht nur als industriepolitisches Instrument sondern auch als sicherheitspolitisches protegiert. Zudem haben die deutschen Exporteure leichtes Spiel. Nicht nur, weil die Entscheidungen des Bundessicherheitsrats in aller Verschwiegenheit getroffen werden. Oft liefern deutsche Firmen »nur« Komponenten für Waffen und Gerät oder umgehen deutsches Ausfuhrrecht durch Lieferungen über Drittländer.
Gar nicht gemessen werden sogenannte Dual-Use-Güter, also Waren, die sowohl militärisch wie zivil genutzt werden können. Gleiches gilt für den immer größer werdenden immateriellen Export, also Software- oder Ausbildungsleistungen.
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