Welches Testament ist das Richtige für mich?
Testamentsgestaltung für verschiedene Lebensmodelle
1. Alleinstehende
Bei alleinstehenden Menschen ohne nahe Angehörige führt die gesetzliche Erbfolge oft zu unerwünschten Ergebnissen. Denn es gibt weder Ehepartner und Kinder noch (lebende) Geschwister, Nichten oder Neffen. Sind auch die eigenen Eltern bereits vorverstorben, erben entfernte, womöglich unbekannte Verwandte - oder der Fiskus.
Alleinstehende sollten deshalb ein Testament verfassen, in dem sie genau bestimmen, was nach ihrem Tod mit ihrem Vermögen geschehen soll, ein Freund, eine hilfsbereite Nachbarin oder eine wohltätige Organisation. Zu beachten sind allerdings die Heimgesetze von Bund und Ländern, wonach Träger und Mitarbeiter von Alten- und Pflegeheimen von den Bewohnern grundsätzlich nicht zu Erben oder Vermächtnisnehmern eingesetzt werden dürfen.
Die Zuwendungen kann der Erblasser mit Auflagen verbinden und so über seinen Tod hinaus Dinge regeln, die ihm wichtig sind. So kann die Erbeinsetzung der langjährigen Haushaltshilfe an die Auflage geknüpft werden, die Grabpflege zu übernehmen.
Um sicherzustellen, dass solche Regelungen tatsächlich im Sinne des Erblassers ausgeführt werden, bietet sich die Ernennung eines Testamentsvollstreckers an, zum Beispiel einer Vertrauensperson oder eines Rechtsanwalts. Das beste Testament nützt nichts, wenn es nach dem Tod des Erblassers nicht gefunden wird. Alleinstehenden ist eine (gebührenpflichtige) Hinterlegung des Testaments beim Nachlassgericht zu empfehlen.
2. Ehepaare mit Kindern
Ehegatten bietet das Gesetz als besonderes Gestaltungsmittel das sogenannte Gemeinschaftliche Testament. Mit dieser Form der Verfügung, die von einem Gatten handschriftlich zu verfassen und dann von beiden zu unterschreiben ist, können die Ehepartner ihr Erbe gemeinsam regeln und gleichzeitig eine gegenseitige Bindung schaffen.
Ehepaaren mit Kindern ist das »Berliner Testament«, eine besondere Form des Ehegattentestaments, zu empfehlen. Dabei setzen die Partner sich gegenseitig zu Alleinerben für den ersten Erbfall ein und bestimmen ihre Kinder zu Schlusserben für den zweiten Erbfall. Der Vorteil: Der längerlebende Ehegatte ist versorgt, gleichzeitig ist geregelt, wer nach dessen Tod an das gemeinsamen Vermögen gelangt.
Eine Alternative zum »Berliner Testament« ist das Gemeinschaftliche Testament mit Anordnung von Vor- und Nacherbschaft: Stirbt ein Ehepartner, wird der andere Vorerbe seines Vermögens; stirbt der zweite Ehegatte, so erhalten die Kinder dieses Vermögen als Nacherben.
Der Vorteil dieser Konstruktion ist, dass der Erblasser damit seine Vermögensnachfolge für die fernere Zukunft planen und die Teilhabe bestimmter Personen wie des neuen Ehepartners oder eines ungeliebten Schwiegerkindes an seinem Vermögen vermeiden kann. Der Nachteil: Die Vorerbschaft geht mit gesetzlichen Beschränkungen des längerlebenden Gatten einher, die sich nie ganz beseitigen lassen.
Unbedingt bedenken sollten die Ehegatten, dass der Längerlebende nach dem Tod des ersten Ehegatten grundsätzlich an die wechselseitigen Verfügungen gebunden ist, und zwar selbst dann, wenn er sich mit den künftigen Schlusserben überwirft. Im Testament sollte deshalb geregelt werden, ob eine so starke Bindung gewünscht ist oder ob der Längerlebende das Testament noch ändern darf. Zu Lebzeiten beider Partner kann das Gemeinschaftliche Testament entweder gemeinsam oder einseitig durch eine notarielle Widerrufserklärung, die dem Partner zugehen muss, aufgehoben werden.
Zu beachten ist, dass nach dem ersten Erbfall die (leiblichen) Kinder des Verstorbenen ihren Pflichtteilsanspruch geltend machen können. Davon abhalten kann sie unter Umständen eine sogenannte Pflichtteilsstrafklausel im Testament. Die Alternative dazu ist ein notarieller Pflichtteilsverzicht der Kinder gegen eine Abfindung noch zu Lebzeiten beider Eltern. Steuerlich kann das Gemeinschaftliche Testament ungünstig sein, weil sowohl beim »Berliner Testament« als auch bei der Vor- und Nacherbschaft dasselbe Vermögen beim ersten und beim zweiten Erbfall mit Erbschaftsteuer belastet wird.
3. Ehepaare ohne Kinder
Viele kinderlose Ehepaare denken, der Längerlebende sei schon durch die gesetzliche Erbfolge der Alleinerbe des Verstorbenen und ein Testament deshalb nicht notwendig. Ein Irrtum! Denn in Wirklichkeit gilt: Ist das Ehepaar im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft verheiratet, so ist der Ehepartner neben Eltern, Geschwistern und Großeltern des Erblassers gesetzlicher Erbe zu drei Viertel, bei Gütertrennung ist er Erbe zu ein Halb.
Paaren, die das vermeiden wollen, ist deshalb zum »Berliner Testament« zu raten, in dem sie sich gegenseitig zu Alleinerben einsetzen und einen oder mehrere Schlusserben (mangels Kindern zum Beispiel die Neffen und Nichten) bestimmen.
Bei der Planung dieses Schlusserbfalls sollten kinderlose Ehepaare aus steuerrechtlicher Sicht jedoch besondere Sorgfalt walten lassen. Denn für entferntere Angehörige oder Erben, mit denen sie nicht verwandt sind, gelten niedrige Freibeträge und die Erbschaftssteuerklassen II und III mit Steuersätzen von 15 bis 50 Prozent.
Wichtig außerdem: Bei Erblassern ohne Kinder haben die Eltern Pflichtteilsansprüche. Stirbt zum Beispiel ein verheirateter Mann ohne Kinder, so kann dessen Mutter ihren Pflichtteil von der verwitweten Schwiegertochter verlangen. Ehepaare ohne Kinder sollten einen notariellen Pflichtteilsverzicht mit ihren Eltern in Betracht ziehen.
4. Eingetragene Lebenspartner
Eingetragene Lebenspartner, für die dieselbe gesetzliche Erbfolge gilt wie für Ehepaare, können nach dem Lebenspartnerschaftsgesetz ebenfalls ein Gemeinschaftliches Testament errichten. Die Voraussetzungen und gesetzlichen Bestimmungen entsprechen denen für Ehegatten.
Die gegenseitige Einsetzung zum Alleinerben ist mittlerweile auch keine Steuerfalle mehr, weil inzwischen eingetragene Lebenspartner erbschaftssteuerrechtlich Ehepaaren völlig gleichgestellt sind. Wurden Verpartnerte noch bis vor Jahren in Schenkungs- und Sterbefällen steuerrechtlich wie fremde Personen behandelt, entschied das Bundesverfassungsgericht 2010, dass diese Ungleichbehandlung gegenüber Ehegatten verfassungswidrig sei. Nach Gesetzesänderung gilt nun auch für eingetragene Lebenspartner Steuerklasse I; bereits seit 2009 steht ihnen außerdem so wie Eheleuten ein Freibetrag in Höhe von 500 000 Euro zur Verfügung.
5. Nichteheliche Partnerschaft
Gesetz und Rechtsprechung sehen keinerlei gesetzliches Erbrecht für die Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft vor. Wer vermeiden will, dass der Partner im Erbfall leer ausgeht, muss deshalb unbedingt eine Verfügung von Todes wegen errichten. Dabei kommen zunächst zwei Einzeltestamente in Frage, die beide Partner für sich errichten. Der Nachteil: Solche Einzeltestamente sind frei widerruflich und können heimlich geändert werden, eine gegenseitige Bindung besteht nicht.
Wollen die Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft gemeinschaftlich wie ein Ehepaar testieren, müssen sie einen notariellen Erbvertrag abschließen. Darin können dieselben Bestimmungen getroffen werden wie im Gemeinschaftlichen Testament (gegenseitige Einsetzung zu Alleinerben und Bestimmung der gemeinsamen Kinder zu Schlusserben). Aufgehoben werden kann diese Erbeinsetzung nur durch Rücktritt, den die Partner sich im Vertrag unbedingt für den Fall der Trennung vorbehalten sollten. Die Rücktrittserklärung muss notariell beurkundet werden und dem Vertragspartner zugehen.
Ein Erbvertrag sollte auch eine Regelung darüber enthalten, ob der längerlebende Partner nach dem Tod des Erstversterbenden abweichend vom Erbvertrag neu testieren darf oder ob er an den Vertrag gebunden ist.
Seit der gesetzlichen Gleichstellung unehelicher Kinder vor mehreren Jahren haben diese bei Erbfällen seit 1998 dieselben erbrechtlichen Ansprüche nach dem Tod von Mutter und Vater wie eheliche Kinder. Auch bei nichtverheirateten Paaren gilt deshalb, dass die Kinder beim Tod des Erstversterbenden Pflichtteilsansprüche haben, die womöglich eine Pflichtteilsstrafklausel im Erbvertrag abwehren kann. Nichtverheiratete Paare ohne Kinder sollten den Pflichtteilsanspruch der Eltern des Erblassers nicht vergessen.
Steuerrechtlich fallen bei Schenkung und Erbschaft nichteheliche Partner in die Steuerklasse III mit einem Freibetrag von 20 000 Euro und hohen Steuersätzen von 30 oder gar 50 Prozent. Paare mit großen Vermögen sollten deshalb unbedingt frühzeitig ihre Vermögensnachfolge planen, zum Beispiel lebzeitige Schenkungen und die Umwandlung von Privat- in Betriebsvermögen.
6. Geschiedene
Mit der Scheidung endet das gesetzliche Erbrecht des früheren Ehepartners. Ein Gemeinschaftliches Testament wird mit der Rechtskraft der Scheidung zwar im Zweifel unwirksam, wer aber auf Nummer sicher gehen will, sollte das Ehegattentestament notariell widerrufen und ein neues, handschriftliches Einzeltestament errichten.
Wer darin gemeinsame Kinder zu Erben einsetzt, sollte bedenken, dass Exmann oder Exfrau so über einen Umweg womöglich doch noch am Vermögen teilhaben. Hat das Kind nämlich noch keine eigenen Kinder, so wird es von dem anderen Elternteil beerbt, wenn es vor diesem stirbt. Wer das vermeiden will, sollte das Kind nur zum Vorerben einsetzen und einen Angehörigen aus der eigener Verwandtschaft zum Nacherben bestimmen.
Geschiedene sollten außerdem bedenken, dass nach dem Tod eines Elternteils der andere Elternteil das Sorgerecht und damit auch die Vermögenssorge für das Kind innehat - und damit auch auf das Vermögen zugreifen kann, das das Kind vom geschiedenen Partner erbt. Vermeiden kann man dies durch Testamentsvollstreckung oder mit einer familienrechtlichen Anordnung im Testament unter Bestimmung eines Pflegers, zum Beispiel einer Tante, die die Vermögenssorge für die Erbschaft übernehmen soll.
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