Berlusconi biedert sich Bersani an
Doch immer wahrscheinlicher werden Neuwahlen in Italien
Pierluigi Bersani hat vom Staatspräsidenten einen Auftrag erhalten: Er soll als Vorsitzender der Demokratischen Partei, die im Parlament über die meisten Stimmen verfügt, die Möglichkeit der Bildung einer Regierung unter seiner Führung erkunden. Am Donnerstag soll er Giorgio Napolitano darüber informieren, ob sein Versuch Erfolg hatte. Bisher sieht es nicht danach aus. Die Demokraten wollen eine »Regierung der radikalen Veränderung«. Das bedeutet, dass sie die größte Schnittmenge mit der »Bewegung 5 Sterne« (M5S) und deren Forderungen nach einem Bruch mit der Politik der letzten Jahre sehen. Tatsächlich gibt es viel Übereinstimmung hinsichtlich der Umwelt- und Bildungspolitik, der Reformen in den staatlichen Institutionen (Wahlrecht, Parlamentsverkleinerung, Gebietsreform), der Korruption und ähnlicher Themen. Probleme tauchen jedoch auf, wenn es um die Außen- und die Europapolitik geht, auch in der Industrie- und Sozialpolitik gibt es wenig konkrete Gemeinsamkeiten.
Rechnerisch wäre auch eine große Koalition zwischen Demokraten und Silvio Berlusconis »Volk der Freiheit« (PdL) möglich. Berlusconi biedert sich regelrecht bei den Demokraten an und erklärt, dass man doch eigentlich mit den »Kommunisten« in vielem einer Meinung sei. Nur eine Bedingung gäbe es: Da bis Mai ein neuer Staatspräsident gewählt werden muss, sollen die Demokraten erklären, dass sie für einen »moderaten Katholiken« stimmen, damit auch dieser Teil des Wahlvolkes würdig in der Staatsspitze vertreten ist. Die Demokraten ihrerseits bezeichnen das als »Kuhhandel« und Ausdruck der alten Politik des Postenschachers. Außerdem sehe man überhaupt keine Möglichkeit, mit der Kraft zusammenzuarbeiten, die Italien in die wirtschaftliche und soziale Misere geführt und sie gleichzeitig ständig geleugnet hat.
Welche Möglichkeiten gibt es jetzt? Eine wäre - und die berühmten »gut informierten Kreise« meinen, dass Bersani sie bevorzugt - eine von den Parteien losgelöste Regierung. An der Spitze könnte eine Persönlichkeit stehen, die der »Bewegung 5 Sterne« genehm ist, das Programm würde dem kleinsten gemeinsamen Nenner von Demokraten und M5S entsprechen, die der Regierung ihr Vertrauen aussprechen würden. Dazu müssten die M5S-Abgeordneten allerdings ihre Position »Wir sind gegen alles« aufgeben und sich irgendwie selbst die Hände in der Politik schmutzig machen.
Sollte auch das nicht funktionieren, bliebe noch eine »Regierung des Präsidenten«, die vom Staatspräsidenten bestimmt wird, nur zwei oder drei Programmpunkte hat (in erster Linie ein neues Wahlrecht) und das Land »geordnet« zu Neuwahlen Ende des Jahres führt. Oder man wählt schon im Juni neu: Die Frage ist aber, ob Italien ein solches Machtvakuum verkraften kann.
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