Sprengstoff für Ost-Bauern
Branchenmesse agra 2013 steht vor allem im Zeichen der EU-Agrarpolitik
Wenn am 25. April auf dem Leipziger Messegelände die Landwirtschaftsschau agra 2013 beginnt, wird die EU-Agrarpolitik ein bestimmendes Thema sein. Hier solle noch einmal für Korrekturen bei der Finanzierung der gemeinsamen Agrarpolitik geworben werden, sagte Martin Umhau, Vizepräsident des sächsischen Bauernverbandes. Die momentan diskutierten Vorschläge seien besonders aus Sicht großer ostdeutscher Landwirtschaftsbetriebe »gefährlicher Sprengstoff«. Würden sie umgesetzt, drohe das vielen Betrieben »das Genick zu brechen«. Vor allem die Tierhaltung in Ostdeutschland stünde vor dem Aus.
Im März hatten sich die EU-Agrarminister auf Vorschläge geeinigt, die jetzt von Kommission, EU-Parlament und Mitgliedsstaaten diskutiert werden. Demnach können in Zukunft die Direktzahlungen an Betriebe bereits bei 150 000 Euro gekappt werden. Darin sind auch Lohnzahlungen enthalten. Bisher war über eine Grenze von 300 000 Euro diskutiert worden. Besonders kritisch ist aus Sicht der Ost-Landwirte zudem, dass die Entscheidung an die nationalen Parlamente übertragen wird. Die Bauern würden damit »zum Spielball der Tagespolitik«, fürchtet Umhau: »Wenn es schon Regelungen geben muss, dann solche, die auf europäischer Ebene für alle verbindlich sind.« Allerdings appellierte der Verband vorige Woche an Bundesagrarministerin Ilse Aigner (CSU), sich gegen eine Kappungsgrenze einzusetzen.
Eine hochkarätig besetzte Debatte über das heikle Thema ist für den Eröffnungstag der viertägigen Messe angesetzt. Neben Agrarministern aus Sachsen, Thüringen und Sachsen-Anhalt werden Gerd Sonnleitner, Präsident des Europäischen Bauernverbandes sowie die irische EU-Abgeordnete Mairead McGuinness, Schattenberichterstatterin im Strasburger Parlament zum Thema Direktzahlungen, erwartet.
Bedroht fühlen sich die Bauern indes nicht nur von der EU, sondern auch von der gesellschaftlichen Debatte über industrielle Landwirtschaft und ein Bild ihres Berufsstandes, das sie für unzutreffend halten. Die agra soll darum auch zur Imagepflege genutzt werden. »Wir wollen vom bösen Bild als Tierquäler wegkommen«, sagt Dieter Schlunke, Vorsitzender der AG Sächsischer Tierzuchtorganisationen. Deshalb gibt es täglich zwei Tierschauen oder Zuchtwettbewerbe für Merinoschafe, Fleischrinder oder Milchkühe, bei denen traditionell die »Miss agra« gekürt wird - das schönste Holsteinrind. Geplant ist zudem ein Forum zur Akzeptanz der Landwirtschaft. Eine geeignete Bühne dafür ist die Messe zweifellos: 2011 zog sie 50 300 Besucher an. 960 Firmen und Verbände werden auch 2013 wieder erwartet.
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