Digitale Hackerwährung Bitcoin stürzt ab
Eurokrise erzeugte zuvor Kursrallye bei Onlinegeld
»Wer mit Bitcoins handelt, braucht starke Nerven!«, titelte am Mittwoch der virtuelle Marktplatz für die Internetwährung »Bitcoin.de« in einer Mitteilung. Was war passiert? Seit Jahresbeginn war der Wechselkurs des Onlinegeldes von anfangs etwa zehn Dollar pro Bitcoin rasant in die Höhe geschossen. Am Mittwoch hatte die Hackerwährung auf ihrer wichtigsten Handelsplattform »Mt. Gox« zunächst ein Rekordhoch von 266 Dollar erreicht. Dann stürzte sie binnen weniger Stunden auf 105 Dollar ab.
Dabei war das digitale Geld ursprünglich nicht zu Spekulationszwecken gedacht. Es ist eine Erfindung der Hackergemeinde und der sogenannten Open-Source-Bewegung. »Open Source« heißt auf Deutsch »offene Quelle«. Die Vertreter dieses Prinzips sind der Meinung, dass die Codes für Softwareprogramme nicht geheim sein sollten. Jeder Entwickler sollte sie nutzen können, um das Programm verbessern zu können. Das wohl bekannteste Produkt der Open-Source-Bewegung ist die kostenlose Microsoft-Office-Alternative »Open Office«.
Die Währung ist als ein Gemeinschaftsprojekt gedacht. Im Gegensatz zum heutigen Zentralbankgeld, das von der Notenbank ausgegeben und durch die Geschäftsbanken via Kreditvergabe vermehrt wird. Zwar kann man Bitcoins auch gegen Euro oder Dollar tauschen. Doch erzeugt werden sie, indem die Nutzer ihre Computer mathematische Aufgaben lösen lassen. »Mining« nennen sie das. Je mehr Rechenleistung die Hacker der Gemeinde zur Verfügung stellen, desto mehr Bitcoins kriegen sie als Belohnung.
Um eine Inflation zu verhindern, werden die Aufgaben, die für einen Bitcoin gelöst werden müssen, immer schwieriger. Zudem legten die Erfinder der Währung die maximal kursierende Menge der digitalen Münzen auf 21 Millionen fest. Das sollte das Vertrauen in Staat und Banken überflüssig machen. Um Diebstahl, Betrug und Fälschung zu vermeiden, sind Bitcoins im Grunde nichts anderes als digitale Codes, die jemand besitzen und an andere Personen übertragen kann.
Die Eurokrise führte dazu, dass die digitale Währung von einer schrulligen Hackeridee zu einem Anlageobjekt wurde. Immer mehr Menschen misstrauten den Banken und etablierten Währungen. Sie suchen in neuen Anlageformen einen sicheren Hafen für ihr Geld. Bitcoins seien »das neue Gold« meinte sogar der britische »Telegraph«. Ihr Kurs stieg immer steiler an. Das Internetgeld verlor seine Funktion als Zahlungsmittel, stattdessen wurde es gehortet und mit ihm spekuliert. Eine Blase entstand. Die ist nun am Mittwoch geplatzt, weil es zu massenhaften Verkäufen kam. Wie bei anderen Anlageobjekten auch, verloren die Investoren ihr Vertrauen.
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.