Besser als ihr Ruf: islamische Entwicklungshilfe

Die Qualität der erbrachten Hilfe ist entscheidend, nicht die Religion der Helfer

  • Markus Schönherr, Kapstadt
  • Lesedauer: 3 Min.
Bei einer Konferenz in Florida stand vergangene Woche ein entwicklungspolitisches Thema im Fokus, das eher selten beleuchtet wird: Entwicklungshilfe seitens islamischer Organisationen und Staaten.

»Sehr wahrscheinlich, dass muslimische Entwicklungshilfe in Afrika in den vergangenen Jahren zunahm«, sagt Cecilia Lynch von der University of California. Genaue Zahlen gäbe es nicht, aber islamische Organisationen wie Islamic Relief oder Muslim Aid hätten schon immer eine bedeutende Rolle in Afrika gespielt. Wo sich die Religionswissenschaftlerin sicher ist: »In den letzten fünf Jahren wurde islamische Entwicklungshilfe immer eingehender erforscht.«

Letzte Woche fand an der University of Florida ein Seminar statt unter dem Titel »Islamic NGOs and Development Aid in Africa.« Laut Lynch war dieses »gut besucht und sehr wichtig« für die Aufklärung. Im Fokus stand das Für und Wider islamischer Entwicklungshilfe. Allem voran: Was schafft die islamische Hilfe, was die traditionelle Entwicklungshilfe bis heute vernachlässigt?

»Der Vorteil von religiöser Entwicklungshilfe ist das Vertrauen der lokalen Bevölkerung gegenüber den Organisationen«, meint Lynch. Das gelte für internationale Organisationen, vor allem aber für regionale Moscheen und Islamorganisationen. Religiöse Netzwerke, Schulen und Kliniken hätten in Afrika entscheidend zum Bildungs- und Gesundheitssystem beigetragen und sich so das Vertrauen verdient. Auch die deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) befürwortet eine Zusammenarbeit: »Religion beeinflusst das Denken und Handeln der Menschen. Der Islam wird als Teil der eigenen und kulturellen Identität betrachtet.« Religion nehme nicht nur das Konfliktpotenzial zwischen internationalen Organisationen und den Menschen, sondern mache die Entwicklung auch »wirksamer und nachhaltiger«. Als gelungenes Beispiel nennt die GIZ die Umweltbildung an vier verschiedenen Koranschulen. Die Schüler hätten neue und westliche Kooperationspartner kennengelernt. Gleichzeitig habe man ihnen die Einbeziehung von Frauen, Kindern und Wirtschaftsschwachen beigebracht.

So viel Potenzial islamische Entwicklungszusammenarbeit auch bietet, wird die Arbeit für die Organisationen immer schwieriger. Ausschlaggebend waren die Ereignisse vom 11. September 2001. »Der Siegeszug islamischer Entwicklungsagenturen wurde durch den Krieg gegen den Terror verlangsamt. Oft ungerechtfertigt wurden islamische Organisationen dabei in Misskredit gebracht«, sagt John Benthall vom University College in London. Auch er nahm an dem Seminar in Florida teil.

Viele Beobachter seien besorgt, dass religiöse Agenturen nur die Verbreitung ihres Glaubens im Sinn hätten, meint Religionswissenschaftlerin Lynch. Professor Benthall hält den religiösen Aspekt für überbewertet: »Eine enge Beziehung zwischen den Menschen und Organisationen ist wichtig. Aber noch viel wichtiger ist die Qualität der erbrachten Hilfe.«

Muslim Aid in Großbritannien will diese unabhängige Hilfe leisten. Sprecher Amal Imad sagt: »Wir sind Partner des Europäischen Amts für Humanitäre Hilfe (ECHO). Unsere Hilfe basiert auf den Prinzipien der Unabhängigkeit, Neutralität und Menschlichkeit.« Die Organisation unterzeichnete zudem den Verhaltenskodex für Nothilfeorganisationen in Katastrophengebieten. Dieses Regelwerk entstand 1994. Die Unterzeichner versprechen: »Hilfe wird für keinen politischen oder religiösen Standpunkt« ausgenutzt, »Hilfe ist unabhängig von Ethnie, Bekenntnis oder Geschlecht«, und die »Prioritäten werden einzig von der Bedürftigkeit der Menschen bestimmt«. Über 500 Organisationen haben den Vertrag bereits ratifiziert - ob muslimische wie Muslim Aid oder katholische wie Caritas und Catholic Relief Services.

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