NPD hat frech lachen

Bundestag verhandelt vier Anträge für und wider ein Parteiverbot

  • René Heilig
  • Lesedauer: 3 Min.
Heute stimmt der Bundestag darüber ab, ob das Parlament - so wie der Bundesrat - vor dem Bundesverfassungsgericht ein Verbot der NPD beantragen soll. Je nach Antrag der Fraktionen ist die NPD ist eine »verfassungswidrige« oder eine »verfassungsfeindliche« Partei. Doch die Schlussfolgerungen daraus sind höchst verschieden.

Holger Apfel und die restliche NPD-Führungsmannschaft werden den heutigen Tag genießen. Im Parlament findet sich nicht die Spur jener Einigkeit, die sich noch vor rund zehn Jahren in Sachen NPD-Verbot herstellen ließ. Damals bezogen Bundesrat, Bundesregierung und Parlament gemeinsam Position vor dem Bundesverfassungsgericht. Allerdings ohne Erfolg, denn die Richter urteilten gar nicht erst über eine mögliche Verfassungsfeindlichkeit der rechtsextremistischen Partei. Sie verwiesen auf V-Leute des Verfassungsschutzes, die in Führungsebenen der NPD Strategie und Taktik der Partei mitbestimmten.

SPD-Wahlkampfkalkül

Nun stellte sich die SPD an die Spitze einer erneuerten Verbotsbewegung. Für heute hat die Fraktion eine namentliche Abstimmung im Bundestag beantragt - wissend, dass man scheitern wird. Denn die Mehrheit der Regierungskoalition zieht nicht mit. Union und FDP legen einen eigenen Antrag vor. Der enthält jede Menge richtige Hinweise für den zivilgesellschaftlichen Kampf gegen Rechtsextremismus. Doch im Kern heißt es: »Die Bundesregierung hat am 20. März 2013 festgestellt, dass ein eigener Verbotsantrag nicht erforderlich ist. Der Deutsche Bundestag teilt diese Auffassung und stellt ebenfalls keinen eigenen Antrag auf Verbot der NPD.«

Die SPD hat ihr Scheitern kalkuliert, um Union und FDP im beginnenden Wahlkampf vorzuführen. Die Fraktion, die sich beim ersten NPD-Verbotsantrag noch erfolgreich bemüht hatte, alle anderen - sogar die damalige PDS - ins Boot zu holen, generiert sich nun als die antifaschistischste alle antifaschistischen Parteien - und läuft dennoch nicht Gefahr, mit dem Verbotsmaterial, das die Innenminister von Bund und Ländern zusammengetragen haben vor den Verfassungsrichtern zu erscheinen. Die rund 1000 Seiten starke Materialsammlung ist nicht nur dürftig, sondern auch geheim, weshalb nur wenige Abgeordnete sie überhaupt kennen. Nicht einmal die Innenminister selbst möchten per Unterschrift bestätigen, dass man darin diesmal keine V-Mann-Aussagen findet.

Wie agiert die Linksfraktion? Natürlich stimmt man nicht einfach mit den »Sozis«, sondern legt einen eigenen Antrag vor - »entsprechend ihrem Selbstverständnis als antifaschistische Partei, die in ihrem Parteiprogramm und ihrem Bundestagswahlprogramm für ein Verbot rechtsextremer Parteien und Organisationen eintritt«, sagt Innenexpertin Ulla Jelpke. Ganz gegen ihre sonstige Gepflogenheiten vertrauen die LINKEN dem Verbotsmaterial aus dem Bundesinnenministerium, mahnt jedoch diffuse »größte Transparenz über das einem Verbotsantrag zugrunde liegende Material und dessen Beschaffung« an.

Kein Hau-Ruck-Verfahren

Ein vierter Antrag kommt von den Grünen. Die sehen in der NPD »eine rechtsextreme und verfassungsfeindliche Partei, die unverhohlen hetzerisch auftritt und auf die Abschaffung der freiheitlich-demokratischen Rechtsordnung ausgerichtet ist«. Man hat jedoch Zweifel, »ob ein Antrag auf Einleitung eines Verbotsverfahrens derzeit das geeignete Mittel ist«. Einige stehen Parteiverboten im demokratischen Staat grundsätzlich skeptisch gegenüber, andere fürchten, dass der Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte ein mögliches Verbot kassieren könnte. Kurzum: »Eine Entscheidung des Bundestages im Hau-Ruck-Verfahren ohne Beratung in Ausschüssen und Anhörungen ist der Bedeutung eines Parteienverbots nicht angemessen.«

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