Oskar die Gefolgschaft verweigert
Parteitag der LINKEN an der Saar mit Haken und Ösen
Hätte sich ein Drehbuchautor eine solche Parteitagsregie ausgedacht, wäre sein Skript vermutlich im Papierkorb gelandet. Zu überzogen. Am Sonntagabend gab's immerhin ein Happy End für die Bundestagsabgeordnete Yvonne Ploetz. Vorangegangen war eine von lauten Buh-Rufen und Pfiffen begleitet Rede Lafontaines, der für seinen Personalvorschlag, die ehemalige Weltklasse-Tennisspielerin Claudia Kohde-Kilsch, kämpfte. Nicht weniger als sechs Kandidaten für die Spitzenkandidatur zur Bundestagswahl im Saarland waren angetreten. Kohde-Kilsch scheiterte mit 103 von 525 Stimmen im ersten Wahlgang, rief dann zur Wahl von Ploetz auf, die sich in einer Zitter-Stichwahl mit 264 zu 251 Stimmen gegen ihren Bundestagskollegen Thomas Lutze durchsetzte, der schließlich - ohne weitere Kampfkandidatur - auf Platz zwei gewählt wurde.
Es war das erste Mal, dass der Heimat-Landesverband »seinem Oskar« die Gefolgschaft verweigerte. Und dass er sich in der heimischen ATSV-Sporthalle auf einem Parteitag lautstarke Unterbrechungen gefallen lassen musste, brachte ihn in Rage. Dabei hatte er die offene Situation um die Aufstellung der Landesliste mit dem eigenen Verzicht auf die erneute Spitzenkandidatur selbst mit herbeigeführt.
Dass Lafontaine mit seinem Personalvorschlag die Stimmungslage an der Parteibasis falsch eingeschätzt hatte, wollte zwar kein Delegierter so offen sagen. Es war aber abzulesen an den bohrenden Fragen an die Kandidatin Kohde-Kilsch, etwa nach deren ehrenamtlichem Parteiengagement neben dem Job als Pressesprecherin der Fraktion.
Ist das nun der endgültige Generationswechsel, vom 69-jährigen bisherigen Übervater der Saar-LINKEN und Garanten für überdurchschnittliche Wahlergebnisse zur 28-jährigen Ploetz? Davon wollte die Spitzenkandidatin nichts wissen. Die Partei brauche immer eine gute Mischung aus Erfahrung und jungen Ideen. Und Landtags-Fraktionsvize Barbara Spaniol betonte: »Wir werden noch lange auf Oskar nicht verzichten können.« Gerüchte, dass sich Lafontaine nach der Schlappe weiter zurückziehen könnte, quittierte sie mit den Worten: »Den Eindruck hatten wir nicht.«
Für erhebliche Unruhe im Vorfeld hatte Thomas Lutze gesorgt, der seine Truppen nach Kräften mobilisierte. Für den Stil des internen Vorwahlkampfs fielen zuletzt häufiger Worte wie Intrige und Schlammschlacht. Selbst Lafontaine ließ es sich nicht nehmen, Lutze offen anzugehen und ihn als »nicht unbedingt großen Wahlmagnet« abzukanzeln. Ob sich die Wogen glätten lassen, war am Tag eins nach dem Parteitag nicht auszumachen. Ploetz selbst hatte direkt nach ihrer Wahl angekündigt, auf die zuzugehen, die sie nicht gewählt haben. Man brauche schließlich alle in der Partei für den Wahlkampf. Auch Kohde-Kilsch, die als Direktkandidatin im Wahlkreis Saarbrücken antritt.
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