- Kommentare
- Einwurf
Halbherzig
Es ist noch nicht allzu lang her, da wurde Kevin-Prince Boateng zum Hoffnungsträger. Sein eigenmächtiger Spielabbruch im Januar während einer Vorbereitungspartie nach rassistischen Beschimpfungen gegnerischer Fans sorgte für großes Aufsehen. Alle Welt zeigte empört mit dem Finger auf Italien und die Zustände in den Fußballstadien. Der Mittefeldspieler vom AC Mailand sprach später auf Einladung sogar vor der UNO über Diskriminierung.
Verändert hat sich seitdem in der Serie A nichts. Am Sonntag wurde während der Partie zwischen dem AC Mailand und dem AS Rom Milan-Stürmer Mario Balotelli aus der römischen Fankurve mehrfach rassistisch beleidigt. Die Konsequenz? Eine Spielunterbrechung. Und sicher auch noch eine spätere Geldstrafe für den Klub aus der Hauptstadt. Mehr nicht. Nichts ist übrig geblieben von den entschlossenen Ankündigungen der Politik vom Januar. Unter dem weltweiten Druck wurde von der staatlichen Kommission für Sportveranstaltungen damals beschlossen, Spiele bei rassistischen Vorfällen zu stoppen.
Die Partie zwischen Milan und Rom bot die Chance, Zeichen zu setzen. Spielabbruch und sportliche Wertung gegen den AS Rom. Auch wenn das Mittel umstritten ist: Man trifft die Klubs an einer empfindlichen Stelle. Wenn sportliche Ziele und somit Einnahmen in Gefahr geraten, sind sie gezwungen, etwas zu unternehmen.
Doch so bleiben die Zustände, wie sie schon lange sind. In den Jahren von 2000 bis 2012 gibt es 630 dokumentierte Falle von Rassismus im italienischen Profifußball. Weil Verbände, Vereine und Politik das Problem ignorieren und sich allenfalls halbherzige Lippenbekenntnisse abringen. Und auch der Vorwurf, dass es erst soweit gekommen ist, geht an die Entscheidungsträger im italienischen Fußball. Fanprojekte mit nachhaltiger Sozialarbeit wie es sie in Deutschland gibt, hält man von Bergamo bis Palermo bis heute für unnötig.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.