Anja Röhl und die Frau ihres Vaters
Als Ulrike Marie Meinhof am 15. Mai 1976 in Berlin beigesetzt wurde, sagte der Verleger Klaus Wagenbach in seiner Grabrede, es seien die deutschen Verhältnisse gewesen, welche die Journalistin und Publizistin, die den Weg in den militanten Untergrund gegangen war, umgebracht hätten.
Über die Umstände ihres Todes im Gefängnis Stuttgart-Stammheim herrscht bis heute so wenig Einigkeit wie über die Bewertung ihrer politischen Rolle in der Studentenbewegung und in der Rote Armee Fraktion, die den »antiimperialistischen Kampf« in die Metropolen zu tragen gedachte - und zum Synonym des »Linksterrorismus« in der BRD wurde.
Als Anja Röhl Ulrike Meinhof das erste Mal traf, war sie fünf Jahre alt - ihr Vater, der »Konkret«-Verleger Klaus Rainer Röhl, stelle sie ihr als seine neue Freundin vor. Anja Röhl fasste zu dieser Frau, die sie ernst nahm und die sich ihr verständnisvoll zuwandte, sofort Vertrauen und empfand Zuneigung. Die Gespräche mit Meinhof eröffneten ihr eine neue Welt und inspirierten sie zu eigenem Denken.
In ihrem Buch »Die Frau meines Vaters. Erinnerungen an Ulrike« (Edition Nautilus, Hamburg 2013) hat Anja Röhl ihre Erlebnisse mit Ulrike Meinhof festgehalten und ein beklemmendes Bild der geistigen Enge der frühen Bundesrepublik gezeichnet.
Im Gespräch mit Adelbert Reif gibt Röhl zudem Auskunft darüber, wie sie von ihrem Vater in ihrer Kindheit sexuell bedrängt wurde. Klaus Rainer Röhl wies den Vorwurf bereits 2010 »als erfunden« zurück, ebenso Äußerungen von Meinhofs Tochter Bettina Röhl, die im selben Jahr im »Spiegel« von »Übergriffen« berichtet hatte. tos
Weiterlesen:
Sie gab mir Mut und Kraft. Er hat mich missbraucht.
Anja Röhl über die Privatperson Ulrike Meinhof und und pädophile Übergriffe ihres Vaters Klaus Rainer Röhl
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.