Gefährliche Eisgenossen
Im Halbfinale wollen die Schweizer WM-Sieg Nummer neun und die erste Medaille seit 60 Jahren
Nach dem ersten Halbfinaleinzug seit 15 Jahren nahm Trainer Sean Simpson gleich die ganze Nation in die Pflicht. »Alle Schweizer sollten stolz auf dieses Team sein«, meinte der Coach der »Eisgenossen« nach dem achten WM-Sieg in Folge. Zumindest im Blätterwald ließ man sich nicht zweimal bitten. Die Berner Oberländer Zeitung sah »die Schweiz auf den Spuren des großen Russland«, und der Walliser Bote fragte gar: »Wie wärs mit Weltmeister?«
Die Euphorie in der Schweiz ist riesig nach dem 2:1 gegen den zwölfmaligen Weltmeister Tschechien. Nachdem der Viertelfinalfluch nach acht vergeblichen Versuchen endlich überwunden ist, sie »die Mauer eingerissen« haben (Le Matin), soll auch die erste WM-Medaille seit 60 Jahren her. Nichts anderes hat Simpson, vor 13 Jahren deutscher Meister mit den München Barons, im Sinn. »Wir sind jetzt ein ganz gefährlicher Gegner. Wir spielen um eine Medaille«, sagte der Kanadier.
Die erste Chance darauf hat die »Nati« im Halbfinale heute in Stockholm gegen den Olympiazweiten USA. Sollte der neunte Sieg in Folge nicht gelingen, bliebe noch das kleine Finale am Sonntag. Routinier Martin Plüss, der schon beim vierten Platz 1998 unter Simpsons Vorgänger Ralph Krueger dabei war, setzt bei seiner zwölften WM auf traditionelle Schweizer Tugenden: »Wir hoben nach jedem Sieg hier nie ab. Wir müssen auch jetzt auf dem Boden bleiben.«
Historisches hat auch Gastgeber Schweden im Sinn. Die Tre Kronor, die im Penaltykrimi Olympiasieger Kanada mit 3:2 ausschalteten, wollen den WM-Heimfluch besiegen. Seit die »Große rote Maschine« der damaligen Sowjetunion 1986 in Moskau triumphierte, hat kein Heimteam mehr WM-Gold gewonnen. Die Schweden, die den letzten ihrer acht WM-Titel 2006 in Riga holten, scheiterten bei ihren letzten beiden Versuchen auf eigenem Eis knapp: 2002 im Halbfinale von Göteborg mit 2:3 nach Penaltyschießen gegen die Slowakei und 1995 im Finale von Stockholm gegen den Erzrivalen Finnland mit 1:4.
Der Nachbar aus dem Osten ist auch heute wieder der Gegner und weckt böse Erinnerungen. Vor zwei Jahren in Bratislava ging Schweden im Finale mit 1:6 unter. Diese Rechnung soll nun im heimischen Globen beglichen werden.
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