Lohn für Spitzel wird gedeckelt
Innenministerkonferenz: V-Mann-Honorar darf nicht zum Leben reichen
Gehörig vergrätzt hat Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich einen Teil seiner Länderkollegen. Erst kurz vor Ende der Innenministerkonferenz (IMK) in Hannover legte der CSU-Politiker gestern zwei Gesetzesentwürfe vor. Sie betreffen den Verfassungsschutz und die Ausweisung von Extremisten. Aus Zeitmangel konnte beides nicht mehr angemessen diskutiert werden.
Die späte Vorlage sei »befremdlich«, rügte der Vorsitzende der IMK, Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD). Der Frage von Journalisten, weshalb er die Entwürfe so kurzfristig eingebracht habe, wich Friedrich wortreich aus. Hatte er zu viele Widerworte gefürchtet und war deshalb die Aussprache geschickt umgangen worden? Durchaus denkbar, denn in punkto Verfassungsschutz beißt Friedrich mit seinen Plänen zumindest bei den SPD-geführten Bundesländern auf Granit. Der Bundesminister möchte mit Hilfe »seines« Verfassungsschutzes in die Arbeit der Landesämter hinein dirigieren. »Steuern« nannte er das am Freitag in Hannover. Das sei nicht akzeptabel, betonte Nordrhein-Westfalens Innenminister Ralf Jäger (SPD). Auf Augenhöhe zusammenwirken und Erkenntnisse austauschen - gern. Aber das Bundesamt für Verfassungsschutz dürfe von Friedrich nicht via Gesetz zu einer Megabehörde gemacht werden, die anordnet, was die Landesämter zu tun und zu lassen haben. Der Entwurf aus dem Bundesministerium, so Jäger, werde nur »eine kurze Halbwertszeit« haben: bis zur Bundestagswahl im September.
Einig waren sich die Konferenzteilnehmer über Richtlinien zum Einsatz von »Vertrauenspersonen«. Fortan soll ausgeschlossen sein, dass V-Leute für den Verfassungsschutz arbeiten, die schwere Straftaten begangen haben. Auch Führungskräfte beobachteter Organisationen werden nicht mehr für Spitzeldienste angeworben. Das Honorar der »freien Mitarbeiter« soll so begrenzt werden, dass sie davon nicht ihren Lebensunterhalt bestreiten können.
Hinsichtlich einer V-Leute-Kartei habe es keine Dissonanzen gegeben, so Hans-Peter Friedrich. Details müssten noch geregelt werden. Eine klare Aussage, ob Klarnamen in die Liste aufgenommen werden, gab es nicht vom Minister.
Nahezu begeistert warb Friedrich darüber hinaus für einen verstärkten Einsatz von Videokameras und damit einer stärkeren Überwachung der Bundesbürger. Auch für diesen Vorstoß erntete er deutliche Ablehnung von mehreren Kollegen.
Keinen Dissens innerhalb der IMK gab es bei den Gesprächen zum geplanten NPD-Verbot, folgt man dem Bericht von Mecklenburg-Vorpommerns Innenminister Lorenz Caffier (CDU): »Wir sind optimistisch, dass in dieser Sache noch in diesem Jahr vor das Bundesverfassungsgericht gegangen werden kann.«
Einmütig befürworteten die Minister ein Herabsetzen des Alkohol-Limits für Radfahrer. Zurzeit ist das Radeln ab 1,6 Promille strafbar. Einen neuen Grenzwert hat die IMK nicht vorgeschlagen.
Die von Niedersachsens rot-grüner Landesregierung angeregte Diskussion über einen bundesweit einheitlichen Grenzwert für den straffreien Besitz von Cannabis für den Eigenbedarf, führte während der IMK nicht zum Erfolg. Diejenigen Länder, die den Vorschlag aus Hannover nicht befürworteten, argumentierten laut Boris Pistorius, durch einen solchen Schritt könne signalisiert werden, der Konsum des Rauschmittels sei ungefährlich.
Von allen Innenministern gefordert wurden effektivere Einlasskontrollen bei Fußballspielen, um Ausschreitungen vorzubeugen. Die anhaltende Gewalt im Zusammenhang mit solchen Veranstaltungen sei nicht hinnehmbar, unterstrich Pistorius. Es gelte zudem, die friedliche Fankultur zu stärken.
Ein Teilnehmer der IMK verließ die Konferenz mit einem Titel, der ihm allerdings nicht im Tagungshotel verliehen wurde: Die Flüchtlingsorganisation »Jugendliche ohne Grenze« wählte Bayerns Ressortchef Joachim Herrmann am Donnerstagabend in dessen Abwesenheit zum »Abschiebeminister 2013«.
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