Kauf der Panzerwagen »Eagle V« liegt auf Eis

Regressforderungen nach »Euro Hawk«-Pleite / Bundeswehr demeniert einen Bericht des Magazins »Der Spiegel«

  • Lesedauer: 3 Min.
Neues Ungemach für Verteidigungsminister de Maizière: Die eigene Koalition bremst den Kauf von 176 Panzerwagen - ein Millionenprojekt. Zudem werden nach dem »Euro Hawk«-Debakel Regressforderungen laut.

Berlin (dpa/nd) - Der für die Bundeswehr geplante Erwerb von 176 gepanzerten Fahrzeugen vom Typ »Eagle V« für rund 109 Millionen Euro liegt teilweise auf Eis. Nach dem »Euro Hawk«-Debakel rückt damit ein weiteres ins Stocken geratenes Millionenprojekt des Verteidigungsministeriums in den Fokus.

Im Bundestag-Haushaltsausschusses hatten Union und FDP Mitte Mai die Anschaffung zum Teil gestoppt, obwohl die Bundesregierung in einer Ausschreibung bereits den günstigsten Anbieter ausgewählt hatte. Darüber haben Medien am Samstag berichtet.

Der CDU-Haushaltspolitiker Norbert Barthle bestätigte, dass mit schwarz-gelber Mehrheit beschlossen wurde, zunächst nur 100 Fahrzeuge zu kaufen - mit der Option, die restlichen 76 zu einem späteren Zeitpunkt nachzuordern. Im Vorfeld seien sehr viele Fragen aufgetaucht, sagte Barthle der Nachrichtenagentur dpa. Daher habe man sich für eine weitere »Nachdenkphase« entschieden. Der zuständige Berichterstatter der Grünen, Tobias Lindner, äußerte die Befürchtung, dass der veränderte Auftrag nun womöglich noch einmal komplett neu ausgeschrieben werden müsse.

Bei der Vergabe hatte sich der amerikanische Rüstungskonzern General Dynamics gegen das deutsche Konsortium aus Rheinmetall und Krauss-Maffei durchgesetzt. Die Schweizer General-Dynamics-Tochter Mowag hatte auch schon das Vorgängermodell »Eagle IV« produziert, das die Bundeswehr unter anderem in Afghanistan einsetzt. Spekulationen, wonach Schwarz-Gelb dem deutschen Hersteller noch einmal eine zweite Chance habe eröffnen wollen, bezeichnete Barthle als »Fehlinterpretation«.

Nach dem Stopp des Drohnenprojekts »Euro Hawk« verlangen Abgeordnete von Koalition und Opposition Regress von den Herstellern. der SPD-Verteidigungsexperte Rainer Arnold forderte Schadenersatz: »Wenn die Industrie nicht die notwendigen Nachweise liefern kann, müssen wir sie in Regress nehmen.« Omid Nouripour, Obmann der Grünen im Verteidigungsausschuss, kündigte an: »Wir werden alles dafür tun, dass der Steuerzahler nicht auf der Rechnung sitzen bleibt.« FDP-Haushaltspolitiker Jürgen Koppelin sagte der »Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung« (»FAS«), es könne nicht sein, dass wir zahlen und das Flugzeug wird nicht zugelassen werde. »Kein vernünftiger Mensch kauft etwas, das nicht zugelassen ist«.

Das Beschaffungsprogramm für die Aufklärungsdrohne »Euro Hawk« hatte Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) vor gut zwei Wochen wegen massiver Probleme bei der Zulassung für den europäischen Luftraum und einer drohenden Kostenexplosion gestoppt. Abgeordnete der Opposition werfen ihn vor, das Parlament nicht rechtzeitig einbezogen zu haben. Die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Renate Künast, verlangte »eine eindeutige Darlegung, ob und welche finanziellen Rechtsansprüche heute noch bestehen«. Im Verteidigungs- und dem Haushaltsausschuss wird de Maizière am kommenden Mittwoch Rede und Antwort stehen müssen.

Inzwischen hat die Bundeswehr einen Bericht des Magazins »Der Spiegel« dementiert, wonach das für Zulassung der Aufklärungsdrohne zuständige Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung in Koblenz in den vergangenen sieben Tagen Anweisungen erteilt habe, umfangreiche Aktensammlungen als geheim einzustufen und Unterlagen auf Comutern In der wehrtechnischen Dienststelle im bayerischen Manching zu löschen.

»Diese Darstellung ist falsch«, sagte Bundesamts-Sprecher Andreas Nett der Nachrichtenagentur dpa. Die Vorgänge stünden im Zusammenhang mit der Ankündigung von Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU), dem Bundesrechnungshof die Unterlagen zu »Euro Hawk« komplett zur Verfügung zu stellen. Dafür müssten sie als geheim eingestuft werden, was bereits damals berichtet worden war. Solche Daten dürften nach gültiger Rechtslage nicht auf jedem Computer bearbeitet werden, erläuterte der Sprecher weiter. Sie würden deshalb auf speziell gesicherte Rechner übertragen und von den anderen gelöscht. »Die Arbeits- und Auskunftsfähigkeit wird hierdurch nicht beeinträchtigt.«

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