Schlapphüte ohne Mehrwert

Martin Kröger zur Debatte um die Zukunft des Verfassungsschutzes

  • Lesedauer: 2 Min.

Wie weiter mit dem Landesamt für Verfassungsschutz? Diese wichtige politische Frage drängte nach dem Aktenschredder-Skandal auch in Berlin gestern erneut auf die Tagesordnung. Indes, Innensenator Frank Henkel (CDU) hat sich in dieser Sache bereits festgelegt: Trotz aller Probleme will er die Behörde erhalten und ihr lediglich frische Mitarbeiter zuführen und die Strukturen modernisieren.

Ob jedoch ein bisschen modernes Auftreten hier, ein bisschen Öffnung dort ausreichen wird, darf bezweifelt werden. Bereits in den 90er Jahren war der damals noch unabhängige Verfassungsschutz skandalumwittert, erst vor zehn Jahren wurde die Behörde massiv umstrukturiert. Dennoch gab es wieder Probleme. Zugespitzt formuliert: Wozu braucht das Land Berlin eine zehn Millionen Euro teure Behörde mit 200 Mitarbeitern, die in Zukunft lediglich so etwas wie eine PR-Agentur oder Landeszentrale in Sachen Extremismus sein soll?

Dass politische Bildung andernorts sicher besser angesiedelt ist, versteht sich von selbst. Überdies trägt die Behörde selber mit ihrem Jahresbericht zum mauen Image bei, denn das Papier besteht zum überwiegenden Teil aus Nachrichtenschnipseln, die die Mitarbeiter aus den Medien zusammengetragen haben und deren Neuigkeitswert gleich null ist.

Die Grünen erwägen deshalb, die Aufgaben des Verfassungsschutzes an den polizeilichen Staatsschutz zu übertragen. Aus historischer Sicht gibt es allerdings viele Gründe dafür, das Trennungsgebot zwischen Geheimdiensten und Polizei nicht aufzuheben. Außerdem war auch die Polizei in Sachen NSU nicht vor Fehlern gefeit - im Gegenteil.

Die Grundsatzdebatte zur Zukunft des Verfassungsschutzes sollte also weitergeführt werden, denn der Nachweis des Mehrwerts der Schlapphüte steht weiter aus.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.