Unterwegs im Römischen Reich
Ausstellung in Xanten zeigt anhand von Einzelschicksalen Migration in der Antike
Xanten (dpa/nd). Ob Soldaten, Händler und Handwerker - oder die zwangsweise Umsiedlung von Sklaven - Migration hatte im Imperium Romanum viele Facetten. Was es in der Antike bedeutete, die Heimat zu verlassen, macht die Ausstellung »Überall zu Hause und doch fremd« im Römermuseum im nordrhein-westfälischen Xanten deutlich. »Das ist Multikulti«, sagt die Archäologin und zugleich Kuratorin der Schau, Maike Sieler, über die Migration in der Antike. Von Schottland bis zum Euphrat und nach Nordafrika reichte das Römische Reich in seiner Blütezeit mit schätzungsweise 60 Millionen Einwohnern. Der Denar war die gemeinsame Währung und die Straßen waren gut ausgebaut.
Von heute an bis zum 3. November geht die Schau anhand von Einzelschicksalen den vielfältigen Gründen nach, warum Menschen ihre Heimat verließen, um sich in anderen Provinzen des riesigen Imperiums niederzulassen. Die Spuren der Migranten werden anhand von Grabbeigaben, Gedenksteinen, Alltagsgegenständen, Münzen und Briefen verfolgt.
Tausende Menschen aus Norditalien, Südfrankreich oder Spanien kamen als Legionäre in die nordwestlichen Grenzprovinzen an den Rhein, die Donau oder nach Britannien. Etwa die Hälfte des römischen Heeres mit geschätzt 400 000 Mann gehörte zudem zu den Hilfstruppen, die Rom aus unterworfenen Völkern rekrutierte. Wer 25 Jahre als Soldat in einer Hilfstruppe gedient hatte, dem winkte das römische Bürgerrecht - bestätigt auf einer Bronzetafel.
Die meisten Soldaten blieben in der Provinz, in der sie zuletzt stationiert waren. Manche wanderten aber auch weiter, wie der aus der Gegend der heutigen Niederlande stammende Marcus Ulpius Fronto. Er diente jahrelang im Gebiet des heutigen Ungarn, ließ sich mit seiner Frau aber in Regensburg nieder. Dort wurde seine 113 n. Chr. ausgestellte Entlassungsurkunde gefunden, die jetzt Teil der Ausstellung ist.
Ein mit exklusiven Gaben versehenes Frauengrab wurde vor einigen Jahren in Bonn entdeckt. Es enthielt ungewöhnliche Geldstücke aus Kappadokien im Gebiet des heutigen Anatoliens. Forscher mutmaßen, dass die Frau Angehörige eines römischen Soldaten war und ihm durch ferne Länder bis ins Rheinland folgte. Die Münzen hatte sie wohl als Andenken gesammelt.
Das wohl wertvollste Objekt der Ausstellung ist per Sonderfracht im Flugzeug aus dem British Museum in London gekommen: ein prächtig verzierter Zaumzeugbeschlag aus versilberter Bronze, der Mitte des 19. Jahrhunderts bei Xanten ausgegraben worden war. Erstmals wird die Porträtscheibe nun am Ausgrabungsort ausgestellt. Aus der Scheibe ragt ein kleiner modellierter Kopf.
Eine Inschrift auf der Scheibe verweist darauf, dass der Besitzer des Zaumzeugs zur Truppe Plinius des Älteren gehörte. Der für seine vielbändige Naturgeschichte bis heute bekannte Plinius war Kommandeur einer Reitereinheit in Germanien. Er starb beim Ausbruch des Vesuv 79 n. Chr.. Als Flottenbefehlshaber hatte er Bewohner Pompejis mit einem Schiff retten wollen. Sein Schicksal verdeutlicht, wie selbstverständlich es auch für ranghohe Persönlichkeiten war, für ihre Karriere Ämter an immer neuen Orten anzutreten.
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