Duell im Gerichtssaal

Zwei hochrangige EZB-Vertreter und Studienfreunde werden das Für und Wider des Anleihekaufprogramms darlegen

Das Bundesverfassungsgericht will sich auch eine Meinung über die EU-Geldpolitik bilden.

OMT ist nicht etwa die Abkürzung für eine Synthie-Pop-Band aus den 80ern, sondern für eine selbst unter den Eurorettern umstrittene Maßnahme im Rahmen des Krisenmanagements: Die Europäische Zentralbank legte im September 2012 auf einem der Höhepunkte der Euro-Krise das Programm »Outright Monetary Transactions« auf, mit dem die EZB unter Bedingungen notfalls unbegrenzt Anleihen von Krisenstaaten mit ein- bis dreijähriger Laufzeit kaufen könnte. Es wurde später auch auf einem EU-Gipfel abgesegnet. Obwohl bisher im Rahmen von OMT kein Geld floss, hatte es spürbare Folgen. So sanken die von den Märkten verlangten Zinsen bei der Ausgabe neuer Anleihen für Spanien und Italien so stark, dass diese Staaten nicht unter den Rettungsschirm schlüpfen mussten.

Wenn das Bundesverfassungsgericht heute und morgen die Frage der Rechtmäßigkeit des Anleihekaufprogramms verhandelt, tritt ausgerechnet ein hochrangiger EZB-Vertreter als Zeuge der Anklage auf: Jens Weidmann, der als Chef der Bundesbank qua Amt dem Entscheidungsgremium der EZB angehört und dort als einziger gegen OMT gestimmt hatte. In einem Gutachten für das Verfahren führte Weidmann noch einmal seine Kritik aus: Das Programm gefährde das eigentliche Ziel der EZB, die Sicherung des Geldwertes, indem notfalls die Notenpresse angeworfen werde. Staaten vor der Pleite zu retten, sei nicht Aufgabe der Geldpolitik, sondern ausschließlich der Finanzpolitik - dafür gebe es ja den ESM.

Geldpolitischen Falken wie Weidmann geht es aber vor allem um etwas anderes: Ihnen ist ein Dorn im Auge, dass OMT die disziplinierende Macht der Finanzmärkte einschränkt. Dadurch sinke nämlich der Druck auf Krisenstaaten, »Strukturreformen« zu verabschieden. Gemeint sind damit Maßnahmen wie Rentenkürzungen, Lohnsenkungen und Stellenabbau im öffentlichen Dienst.

Die Befürworter in der EZB halten letzteres ebenfalls für notwendig. Sie argumentieren damit, dass sich Staaten, die von dem Anleihenkaufprogramm profitieren wollen, den ESM-Auflagen für Sozialkürzungen beugen müssen, inklusive aller damit verbundenen Prüfungen und Kontrollen durch die Parlamente. So nachzulesen im EZB-Gutachten für das Verfassungsgericht. OMT sei vor allem notwendig, damit die derzeit ex-trem niedrigen Leitzinsen der EZB auch bei Unternehmen in Südeuropa ankommen. Ansonsten gebe es keine einheitliche Geldpolitik im Euroraum mehr.

Die Position der EU-Zentralbank wird übrigens ein Freund Weidmanns aus Studienzeiten vortragen: Direktoriumsmitglied Jörg Asmussen, der 2008 gemeinsam mit Weidmann die umstrittene deutsche Bankenrettung auf dem Höhepunkt der Weltfinanzkrise diktierte. Asmussen warnte am Montag vor »erheblichen Konsequenzen«, sollte OMT zurückgezogen werden müssen.

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