Träume von Schönheit, Anmut, Harmonie

Stilwillen und spontane Augensinnlichkeit - zum 80. Geburtstag des Malers Fred Walther

  • Gert Claußnitzer
  • Lesedauer: 3 Min.

Es war Thomas Mann, der nach den Zerstörungen und Zerrüttungen des Zweiten Weltkriegs feststellte, wir Deutschen bedürften wieder einer neuen Kunst der Heiterkeit. Das schien kaum fassbar nach all dem Erlebten. Und es war wohl leicht dahingesagt, dies von einer Generation, die im Krieg herangewachsen war und das Schlimmste erfahren hatte, zu verlangen. Gleichwohl war es sicher richtig, angesichts der Verwüstungen von Hoffnung zu sprechen und nicht nur das gedanklich Schwere zu betonen, sondern gleichermaßen das Leichte, Erhebende, Beglückende zu befördern.

Unter den Künstlern hierzulande hat es so mancher versucht, aus dem Gebäude einer unheilvollen Vergangenheit herauszutreten und sich in jenen Jahren des schweren Anfangs nach dem Krieg mit einer »milden Freundlichkeit«, wie man sagen könnte, der heiteren Seite des Lebens zuzuwenden. Der in Radebeul lebende Maler Fred Walther, der heute seinen 80. Geburtstag begeht und auf 60 schaffensreiche Jahre als Maler und Grafiker zurückblicken kann, ist einer von ihnen.

Ihm wurde das Glück zuteil, frühzeitig den Maler und Zeichner Max Schwimmer kennen zu lernen, jenen »humorigen Deuter und einfallsreichen Arrangeur«, wie ihn Josef Hegenbarth einmal nannte. Ein Wissender auch, der die Fragwürdigkeit des Lebens erkannt hatte sowie Schrecken und Graus der Katastrophe und dennoch als unvergleichlicher Skizzierer der Lebensfreude Ausdruck verlieh. Schwimmer lenkte den jungen Fred Walther außerhalb der Programme und Richtungen hin zu einer Kunst, die sich den schönen Seiten des Lebens widmete, um es etwas prosaisch zu sagen. Und das Besondere ist wohl, dass er sich niemals in platten Naturalismus begeben musste - was in jener Zeit, in der er freischaffend in die Öffentlichkeit trat, ungewöhnlich war.

Fred Walthers gemalte Träume von Schönheit, Anmut, Harmonie sind wohl Symbole für die Daseinsfreude, und diesen »Visionen« liegt dementsprechend ein formales Ideal natürlicher Vollkommenheit zugrunde. Seine klassischen Beschreibungen des »Mutter-Kind-Motivs« in ihrer Klarheit und Linienharmonie veranschaulichen das Idealbild der Frau als Quelle des Lebens.

In Zirkusdarstellungen zielt Walther auf die Erfassung des Augenblicks, auf spezifische Momente der Bewegung in emotional aufgeladenen Bildern. Hier knüpft er an die leisen und diskreten Werke eines Vuillard an. Auch Bonnard fühlt er sich verbunden in der weichen Modellierung, dem Rhythmus des Farbigen, der Beschaulichkeit der Szenerie und einer gewissen malerischen Verklärung des Erfassten. Sinnfällige Farbharmonien in einem Stakkato der Strichlagen führen zur Verwandlung und bloßen Andeutung von Materie. Alles ist in mildes Licht getaucht, nuancenreich. Besonders augenscheinlich wird das in Bildern mit Badenden, einer Adaption Cézannes zweifellos, dessen formalen Leidenschaften nachgehend.

Auch wenn der Künstler heute nur noch selten in die Öffentlichkeit tritt, so ist er doch nicht untätig und setzt Akzente in Werken kleineren Formats, in Zeichnungen und Aquarellen, in Abstraktionen des Augenfälligen, stilvoll und voller Sinnlichkeit.

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