Atomwaffen belasten Schottland-Frage
London prüft vorsorglich »Zypern-Lösung« für seine Militärbasen
Der Ernstfall für London träte ein, sollte sich beim schottischen Referendum am 18. September 2014 eine Mehrheit für einen Alleingang des Nordens aussprechen. Das würde Großbritanniens Atomwaffenstatus berühren, denn das britische Kernwaffenarsenal - bestehend aus vier mit Trident-Raketen bestückten Vanguard-U-Booten - ist allein in Schottland auf den Basen Coulport und Faslane bei Glasgow stationiert. Und: Die seit 2011 in Edinburgh regierende Scottish National Party (SNP) ist nicht nur Motor der Unabhängigkeitskampagne, sie hat auch klargestellt, dass ein unabhängiges Schottland kernwaffenfrei würde. Der Erste Minister Alex Salmond (SNP) äußerte: »Es ist unvorstellbar, dass eine unabhängige Nation von 5,25 Millionen Menschen die weitere Anwesenheit von Massenvernichtungswaffen auf ihrem Territorium dulden würde.«
Obgleich eine Mehrheit für Schottlands Unabhängigkeit bisher nicht erkennbar ist - derzeit befürworten sie knapp ein Drittel der Schotten, gut die Hälfte lehnt sie ab -, will London auch für den »worst case« vorsorgen. Laut »Guardian« erwägt die Zentralregierung bei einem Ja zur Unabhängigkeit, den Stützpunkt Faslane zum Hoheitsgebiet des Vereinigten Königreichs zu erklären, ähnlich wie die beiden britischen Militärbasen auf Zypern. Damit soll einerseits Edinburghs Forderung nach Abzug aller Kernwaffen aus Schottland gekontert, andererseits die Modernisierung der Trident-Raketen für weitere Jahrzehnte gesichert werden.
Das Spiel mit der »Zypern-Karte« verschärft den politischen Streit zwischen London und Edinburgh. Der SNP-Führer im Unterhaus, Angus Robertson, erklärte: »Das ist ein provozierender Versuch Westminsters, Schottland einzuschüchtern. Weder die Schotten noch das schottische Parlament wollen Kernwaffen auf ihrem Territorium. Wir bekräftigen unsere Haltung, dass die Trident-Raketen so schnell wie möglich aus Schottland beseitigt werden. Nur ein Ja im September nächsten Jahres wird Schottland allerdings ermöglichen, Trident loszuwerden. Das eingesparte Geld wird helfen, eine gerechtere Gesellschaft und eine stärkere Wirtschaft zu gestalten.«
Die Kostenfrage ist auch Teil der neuen Londoner Drohkulisse. Quellen im Verteidigungsministerium gaben dem »Guardian« zu verstehen, die Zentralregierung werde Edinburgh nach einem Unabhängigkeitsvotum »als erstes« mitteilen, dass eine Schließung der Basis Faslane und die Suche nach einem alternativen Stützpunkt in England oder Wales »über viele Jahre mehrere zehn Milliarden Pfund kosten würden«. Diese Kosten würden der schottischen Seite in Rechnung gestellt, »bevor eine volle Unabhängigkeit rund zwei Jahre nach dem Referendum ausgerufen werden könnte«.
Senken ließen sich die Lasten indes, so das Verteidigungsministerium, sollte Edinburgh einer Vereinbarung zustimmen, die die Basis Faslane zu einem Sonderterritorium unter Hoheit des Vereinigten Königreichs erklärt, ähnlich »den Sovereign Base Areas (SBA) von Akrotiri und Dhekelia auf Zypern«.
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