Krise in Bulgarien

Parlament sagt Sitzung nach Krawallen ab

  • Lesedauer: 2 Min.
Der Dauerprotest in Bulgarien gegen die Regierung eskaliert. Es kommt zu Ausschreitungen. Das Parlament sagt eine Sitzung ab. Die Opposition fordert wieder Neuwahlen.

Sofia (dpa/nd). Zehn Wochen nach der Parlamentswahl in Bulgarien spitzt sich die Lage dramatisch zu. In der Nacht zum Mittwoch blockierten Hunderte Demonstranten fast neun Stunden lang das Parlament. Im Gebäude saßen mehr als 100 Menschen, darunter drei Minister und Dutzende Abgeordnete, fest. Massive Polizeikräfte lösten die Proteste auf und befreiten die Eingeschlossenen.

Bei Zusammenstößen wurden nach Angaben des Staatsradios 18 Menschen verletzt, darunter auch Polizisten. Das Parlament sagte nach den Krawallen am Mittwoch eine Sitzung ab. Staatspräsident Rossen Plewneliew rief die Demonstranten auf, »friedlich und zivilisiert« zu bleiben. Die pro-europäische Protestbewegung wirft der sozialistisch dominierten Regierung vor, sich von den Interessen reicher Oligarchen leiten zu lassen. Tausende Demonstranten verlangen seit dem 14. Juni den Rücktritt der Regierung und wieder Neuwahlen.

Sozialistenchef Sergej Stanischew (BSP) lehnt die Forderungen ab: »Das kann die BSP nicht akzeptieren«, sagte er. Am Mittwoch versammelten sich vor dem Parlament erneut Demonstranten. Mit der Blockade des Parlaments protestierten die Menschen auch gegen eine Aufstockung der Etatausgaben für 2013. Nach Auffassung regierungskritischer Experten konnte das Kabinett die höheren Ausgaben nicht überzeugend begründen. Ministerpräsident Plamen Orescharski nahm zu den Ausschreitungen zunächst keine Stellung.

Der seit Ende Mai regierende parteilose Finanzexperte hatte immer wieder einen Rücktritt als »verantwortungslosen Schritt« abgelehnt. Die frühere konservative Regierung unter Boiko Borissow war nach sozialen Protesten im Februar zurückgetreten. Seine Partei GERB gewann die Parlamentswahl am 12. Mai, konnte aber mangels Koalitionspartner keine Regierung bilden. Das jetzige Kabinett der Sozialisten mit der Türkenpartei DPS wird von der nationalistischen und EU-feindlichen Ataka indirekt unterstützt.

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