Bank of England half Nazis

Geheime Dokumente über Londoner Notenbank freigegeben

  • Gabriel Rath, London
  • Lesedauer: 3 Min.
Die britische Zentralbank transferierte kurz vor dem Zweiten Weltkrieg von den Nazis gestohlenes Gold nach Deutschland.

An nichts erinnern sich die Briten lieber als an den heroischen Widerstand ihres Landes gegen Nazi-Deutschland im Zweiten Weltkrieg. Keine Feierlichkeit ist komplett ohne Beschwörung der »finest hour« (Winston Churchill) der britischen Nation und Verneigung vor dem unbeugsamen Kriegspremier. Die Wahrheit ist freilich etwas komplexer und komplizierter, wie nun freigegebene Dokumente über das Verhalten der Bank of England (BoE) gegenüber Nazi-Deutschland zeigen.

Nur wenige Tage nach dem Einmarsch der Wehrmacht in die damalige Tschechoslowakei im März 1939 erhielt die BoE eine Aufforderung der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) in Basel, einer Art Zentralbank der Zentralbanken: Die BoE solle Gold im damaligen Wert von 5,6 Millionen Pfund (heute: 736,4 Millionen Pfund) »von Konto Nr. 2 auf Konto Nr. 17« transferieren. Das Gold auf Konto Nr. 2 wurde von der BIZ im Auftrag der tschechoslowakischen Nationalbank gehalten, während sich die Bank of England »ziemlich sicher« war, dass Konto Nr. 17 der Deutschen Reichsbank zuzuordnen war.

Dessen ungeachtet ging die Transaktion reibungslos vonstatten. Gold aus dem Bestand tauchte wenig später in Belgien, den Niederlanden und London auf dem Markt auf. Während sich das Parlament nach Bekanntwerden der Transaktion empörte, setzte die BoE auf Kontinuität in den Beziehungen. Die Anforderung zu einer zweiten Transaktion am 1. Juli 1939 über den Verkauf von Gold im Wert von 860 000 Pfund von einem Reichsbankkonto wurde zwar der Regierung gemeldet. Doch noch während der Schatzkanzler eine Rechtsmeinung einholen wollte, gab die Notenbank dem Druck nach und führte das Geschäft durch.

Der offizielle Bericht der Bank of England dokumentiert die willfährige Haltung: »Auf Anfrage der BIZ nach den Ursachen für die Verzögerung und den Hinweis, dass durch Zahlungen erst am nächsten Tag Unannehmlichkeiten entstehen könnten, entschloss sich die Bank of England zum sofortigen Handeln.« Dies sei von den Rechtsberatern der Regierung später gebilligt worden. Erst mit dem Kriegseintritt Großbritan-niens gegen Deutschland nach dem Einmarsch in Polen am 1. September 1939 endete die Kooperation.

Der nun veröffentlichte BoE-Bericht wurde bereits in den 1950er Jahren verfasst, aber erst jetzt freigegeben. Die Veröffentlichung der Dokumente ist Teil eines Projekts zur Digitalisierung der Archive der Bank of England. Der Historiker Neville Wylie von der University of Nottingham beschrieb das Verhalten der Notenbank als »mangelhaft« und kritisiert: »Man war zu sehr damit beschäftigt, Londons Status als internationales Finanzzentrum aufrecht zu erhalten.«

Eine Schlüsselrolle wird dem damaligen BoE-Gouverneur Montagu Norman zugeschrieben. Er war ein Bewunderer und Freund von Reichsbankpräsident Hjalmar von Schacht, der seinen Sohn zu Ehren seines britischen Freundes »Norman« taufen ließ. Der Historiker Liaquat Ahamed schreibt in einem Porträt, der Gouverneur habe »die Leistungen Schachts bewundert« und lange Zeit »Hitler und Schacht als Bollwerk der Zivilisation« angesehen.

Damit war er nicht alleine, auch wenn das offizielle Geschichtsbild das Gegenteil behauptet. Britische Nazi-Sympathisanten fanden sich bis ins oberste Establishment und das Königshaus.

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