Mollaths Mitgefangene

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Gustl Mollath ist wieder außerhalb der Mauern der Psychiatrie. Als er die Klinik verließ, trug er eine Topfpflanze unter dem Arm. Nicht irgendein beliebiges Gewächs, sondern eine selbst gezüchtete Dattelorange. Genau genommen eine Dattel und eine Orange (oder eine andere Zitruspflanze, so genau wissen wir das nicht). Er habe die Kerne der Früchte von einem Priester erhalten und sie stets gehegt und gepflegt, erzählte Mollath der »Zeit«. Die Pflanze bezeichnete er als seine »Mitgefangene«.

Eines der Grundrechte des Menschen ist die Freiheit - die Freiheit, zwischen mehreren Möglichkeiten auswählen und entscheiden zu können. Wo der Mensch unfrei ist - selbst gewählt oder erzwungen - ist er also dieser Freiheit beraubt. Damit fehlt ihm ein wesentliches Element menschlichen Daseins: Die Macht, Lebendiges zu gestalten. Es kann also kein Zufall sein, dass gerade in Gefängnissen und ähnlichen Orten der Unfreiheit die Topfpflanze sich solcher Beliebtheit erfreut. Der Film »Leon, der Profi« handelt von einem Auftragskiller, der zu Beginn nur zu einem Lebewesen eine Beziehung aufgebaut hat: einer Topfpflanze. Am Ende wird Leon ermordet, seine Pflanze aber überlebt nicht nur, sie wird von dem Mädchen, das er gerettet hat, in die Erde eingepflanzt. So wurden Leons Mörder dann doch noch überlistet.

Gustl Mollath hat das psychiatrische System, dem er unterworfen wurde, auch überlistet. Mit einer Topfpflanze. Er ist da ganz nahe an Martin Luther, der dereinst hoffnungsvoll formulierte: »Auch wenn ich wüsste, dass morgen die Welt zugrunde geht, würde ich heute noch einen Apfelbaum pflanzen.« jam

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