Solidarität à la carte

Fabian Köhler über ein Massaker in Ägypten und das Schweigen der deutschen Linken

  • Lesedauer: 2 Min.

Wie war die Welt noch in Ordnung, als vor zwei Monaten Polizisten türkische Demonstranten niederknüppelten. Freilich nicht für jene, die im Gezi-Park um ihr Leben rannten, aber für deutsche Linke: Ein islamisch-autoritäres Regime hier. Säkulare Parkschützer da, irgendwo im Tränengas. Am Mittwoch wurde wieder ein Protestcamp geräumt. Doch anstatt sich zu Tausenden in Kreuzberg zu Solidemos zu treffen, schweigen deutsche Linke so laut, dass es fast das Maschinengewehrfeuer in Kairo übertönt.

Dabei hat das Massaker an ägyptischen Demonstranten eigentlich alles, was es für die Gunst westlicher Solidarität braucht: Protest gegen Militärputsch. Forderung nach Demokratie. Ein Ausmaß an Gewalt wie aus Militärdiktaturen. Scharfschützen schießen in die Menge, während Panzer die Fluchtwege versperren. Von Hubschraubern abgeworfen Tränengaskartuschen krachen auf Demonstranten. Über Hundert, vielleicht Tausende Menschen starben. Die meisten von ihnen sind Islamisten und friedliche Demonstranten.

Doch anstatt den Verlust an Menschenleben zu beklagen, wird in sicherer Entfernung relativiert: Entführungen auf dem Sinai. Kirchenverbrennung. Kopf ab und so. Das ist ungefähr so dämlich, als halte man den kemalistischen Parkschützern Militärputsch und den Mord an Kurden vor. Aus Solidarität mit Letzteren und den Toten in Kairo haben am Mittwochabend übrigens doch noch Linke zu einer Mahnwache aufgerufen - in Istanbul, nicht in Kreuzberg.

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken von Socken mit Haltung und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.