Peter Altmaier lässt Kohle machen
Umweltminister verkündet als Gast bei der Mibrag: Braunkohle bleibt »sehr lange« wichtig
Mit der richtigen Wortwahl lässt sich auch ein Schmutzfink in ein gutes Licht stellen. »Das ist alles Biomasse«, sagt Andreas Günther, der Bergbaudirektor der Mitteldeutschen Braunkohlengesellschaft mbH (Mibrag), und zeigt in die Grube des Tagebaus Profen.
Dort liegen allerdings nicht frisch verrottete Bioabfälle, die als Energieträger sehr in Mode sind, sondern Braunkohle, deren Verbrennung große Mengen Kohlendioxid freisetzt und die daher als nicht ganz so schick gilt. Unrecht hat Günther nicht: Die Kohle ist aus Bäumen und Farnen entstanden - aber vor 40 Millionen Jahren. »Aus dem Kreislauf«, räumt der Manager ein, »war sie eine Weile herausgenommen.«
Dass Günther trotzdem von Biomasse spricht, hat einen gewichtigen Grund: Der Mann, der mit ihm in die Grube schaut, ist Bundesumweltminister Peter Altmaier. Seine Mission ist es, die Energiewende voranzutreiben, also den Umstieg von herkömmlichen zu erneuerbaren Energiequellen: Wind, Sonne, Wasser und eben Biomasse. Sie sollen vor allem die Lücke füllen, die mit der Abschaltung der Atommeiler bis 2022 entsteht. 80 Prozent soll ihr Anteil an der deutschen Energieproduktion betragen, bekräftigt Altmaier in Profen - im Jahr 2050. Zwischen 2022 und 2050 freilich bleibt einige Zeit, in der nach den Plänen des CDU-Ministers und der schwarz-gelben Bundesregierung fossile Energieträger wie die Braunkohle, aber auch Steinkohle und Erdgas, aus der Energieversorgung nicht wegzudenken sind. Diese werden, sagt Altmaier, »auf Jahre und Jahrzehnte« eine wichtige Rolle spielen.
Experten bescheinigen der Energiewende schon jetzt einen fragwürdigen Nebeneffekt: Sie löst eine Renaissance der Braunkohle aus, was Bemühungen um mehr Klimaschutz konterkariert. Nach Angaben der AG Energiebilanzen stieg die Stromgewinnung aus Braunkohlekraftwerken 2012 um 8,9 auf 159 Milliarden Kilowattstunden. Der Kohleanteil an der Stromerzeugung könnte Szenarien zufolge nach der Abschaltung der AKW von 44,8 auf 50 Prozent wachsen. Altmaier fordert zwar, dass die Kohlekraftwerke effizienter und sauberer werden müssten. Zugleich sagt er aber unter Hinweis auf die geplante Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG), dass eine »ökologisch vertretbare Energieversorgung zu bezahlbaren Preisen« nur möglich sei, wenn die »Energieträger nicht gegeneinander ausgespielt« würden. Die Kohle müsse in ein künftiges Energiekonzept integriert werden, um den Unternehmen »Planungs- und Investitionssicherheit« zu geben.
An dieser fehlt es derzeit, klagt Joachim Geisler, Vorsitzender der Mibrag-Geschäftsführung. Das Unternehmen trägt sich mit dem Gedanken, ein neues Kraftwerk zu bauen, das rund eine Milliarde Euro kosten und 40 Jahre laufen würde. Zu seiner Versorgung würde ein neuer Tagebau bei Lützen aufgeschlossen, wogegen es Proteste gibt. Die Mibrag hält an dem Plan fest, sagt Geisler - »wenn die politischen Rahmenbedingungen das rechtfertigen«. Derzeit, fügt er hinzu, »gibt es diese nicht«. Altmaier lehnt derlei Kraftwerksneubauten nicht ab. Er verweist auf eine »Schieflage«: Vor allem effizientere und besser regelbare Kohlekraftwerke hätten ein »Rentabilitätsproblem«; dagegen blieben ältere Kraftwerke länger am Netz.
Ein Grund sind die äußerst niedrigen Preise für Verschmutzungszertifikate. In manchen Fällen aber erreicht der Immissionshandel doch sein Ziel: Die Mibrag hat ein Kraftwerk in Mumsdorf stillgelegt. Weil für dessen Luftverschmutzung bezahlt werden muss, war es zuletzt unrentabel.
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