Auflösung als Alternative

Tschechiens Parlament stimmt heute ab

  • Jindra Kolar, Prag
  • Lesedauer: 3 Min.
Das tschechische Abgeordnetenhaus stimmt am Dienstag über seine Auflösung ab. Bis zuletzt schwanken einige Mandatsträger, ob sie dem zustimmen wollen. Rechnerisch dürften die erforderlichen 122 Stimmen für die Auflösung zusammenkommen.

Hinter den Kulissen verhandeln die Parteien um die Zustimmung zur Parlamentsauflösung. Am Dienstag wird die entscheidende Sitzung des Abgeordnetenhauses stattfinden. Drei Fünftel der Mandatsträger - so fordert es die Verfassung - müssen für die Selbstauflösung des Parlaments stimmen. Nach letzten Berechnungen bekämen die Befürworter eines solchen Schrittes 122 Stimmen zusammen.

Zwar hatte die liberal-konservative Partei TOP 09 (Tradition, Verantwortung, Wohlstand) des früheren Außenministers Karel Schwarzenberg auch für die Auflösung und für Neuwahlen gestimmt, doch meldeten sich am Wochenende Zweifler, ob dies wohl der richtige Schritt sei. Allerdings bietet sich kaum eine Alternative an. Nachdem der von Milos Zeman installierten Regierung Jiri Rusnoks das Vertrauen versagt blieb, zeigte sich der Staatspräsident keineswegs gewillt, nun die bürgerliche Koalition mit der Regierungsbildung zu beauftragen. Das Rusnok-Kabinett könnte auch bis zu den kommenden regulären Wahlen als Expertenteam oder Minderheitsregierung fungieren, wollte man dies vermeiden, so bliebe nur die Selbstauflösung des Parlaments.

Die Fraktionen der Sozialdemokraten, Kommunisten und TOP 09 hätten eine Mehrheit von 122 Mandaten. Doch einige der Konservativen sind unsicher: Im gegenwärtigen Abgeordnetenhaus haben sie 42 Abgeordnete - blickt man auf die letzten Wahlen in den Bezirken und Gemeinden, so dürfte eine Prognose deutlich schlechter und TOP 09 als politisch ernst zu nehmenden Größe ausfallen.

Auch bei der sozialdemokratischen und der kommunistischen Fraktion sind unentschiedene Mandatsträger zu beobachten. Ausgeglichen wird das Manko von etwa sieben bis zehn Abgeordneten der bürgerlich-demokratischen ODS, die für die Auflösung stimmen wollen. Einer jüngsten Befragung zufolge könnten sich danach doch 122 bis 125 Abgeordnete zu diesem Schritt entscheiden.

Der Staatspräsident hat immerhin schon einen Termin für Neuwahlen angesetzt. Geht die Abstimmung am Dienstag wie erwartet aus, so sollen die Urnengänge am 25. und 26. Oktober abgehalten werden. Milos Zeman ist fest davon überzeugt, dass die Sozialdemokraten ihre Wahltriumphe fortsetzen und dann die Regierung bilden werden. Ob sie mit einer absoluten Mehrheit die Alleinherrschaft übernehmen können, muss sich erweisen. Mit Blick auf deren Wahlerfolge im vergangenen Jahr forderte der Staatspräsident die Kommunisten auf, eine sozialdemokratische Regierung zu tolerieren.

Allerdings könnte es auch noch ganz anders kommen. Würden die Kommunisten ihre Fraktion mit vorausgesagten 20 Prozent von 26 auf 40 Mandate deutlich erweitern, wäre ihnen ein bloßes Tolerieren der Sozialdemokraten sicher zu wenig. Sie dürften eine Koalition anstreben.

Die Spitzen von TOP 09 von befürchten, dass dieser Stimmenzuwachs auch auf ihre Kosten gehen könnte. Parteichef Karel Schwarzenberg beschwerte sich schon, dass Präsident Zeman »undemokratisch« bereits von einem Sieg und der Installation einer sozialdemokratischen Regierung spricht. Die Konservativen wollen mit ihrer Zustimmung zur Parlamentsauflösung wenigstens noch bei den Wahlen zu punkten.

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