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»Wir wollen mehr soziale Gerechtigkeit«

David Assouline über das Verhältnis zwischen Sozialistischer Partei und Regierung in Frankreich

  • Lesedauer: 4 Min.
David Assouline ist Sprecher der Sozialistischen Partei Frankreichs (PS), die seit Mai 2012 unter Präsident François Hollande wieder die Regierungsgeschäfte in Frankreich führt. Vergangenes Wochenende hielt die PS in La Rochelle ihre traditionelle Sommeruniversität ab. Über die Diskussionen und Schlussfolgerungen dieses Treffens sprach mit Assouline für »nd« Ralf Klingsieck.

nd: Die Medien haben viel über einige sozialistische Minister und ihren Differenzen berichtet, die das Treffen bestimmt und belastet haben. Wie schätzen Sie die Sommeruniversität 2013 ein?
Assouline: Wir hatten mehr als ein Dutzend Meetings, Debatten und Podiumsdiskussionen, auf denen sehr offen und konstruktiv diskutiert wurde. Kein Thema wurde ausgespart. Aber wer persönliche Zwistigkeiten erwartet hatte, wurde sicher enttäuscht. Alle waren bestrebt, das herauszuarbeiten, was uns eint. Das hat auch unser Regierungschef Jean-Marc Ayrault in seiner Abschlussrede hervorgehoben: Es kommt darauf an, dass wir als eine Mannschaft spielen, nicht gegeneinander. La Rochelle war ein voller Erfolg - nicht zuletzt für unseren Ersten Sekretär. Denn für Harlem Désir war es die erste Sommeruniversität unter seiner Leitung.

Welche Themen standen im Vordergrund?
Es wurde eigentlich über alles diskutiert, was in Frankreichs Politik, Wirtschaft und Gesellschaft aktuell ist. Dazu auch internationale Probleme wie die besorgniserregende Lage um Syrien. Für uns steht jetzt vor allem die Rentenreform auf der Tagesordnung, die Belebung der Konjunktur und damit die Senkung der Arbeitslosigkeit, ferner die Verteidigung der Republik und ihrer Werte gegen jegliche Angriffe. Im Hinblick auf die Kommunalwahlen und die Europawahlen 2014 geht es jetzt schon darum, die linken Kräfte möglichst breit zu sammeln.

Wie wurde die wirtschaftliche und soziale Lage Frankreichs eingeschätzt?
Viel diskutiert wurden die ersten Anzeichen für einen leichten Aufschwung, sozusagen die ersten Schwalben, die den Frühling ankündigen. Die Politik unserer Regierung, die viele objektive und subjektive Hindernisse überwinden musste, hat sich ausgezahlt. Was gesät wurde, beginnt Früchte zu tragen. Die Abschaffung der Steuerprivilegien, die die rechte Regierung den Besserverdienenden eingeräumt hatte, hat zu mehr sozialer Gerechtigkeit geführt. Jetzt gilt es, alle Anstrengungen auf den Abbau der Arbeitslosigkeit zu konzentrieren. Als Nächstes packen wir die Rentenreform an, die das seit Jahrzehnten bewährte System stabilisieren soll, und zwar weiter nach dem Prinzip der Solidarität unter den Generationen.

Hin und wieder gibt es unterschiedliche Meinungsäußerungen von Ministern der Linksregierung und von führenden Politikern der Sozialistischen Partei (PS). Belastet das nicht das Verhältnis?
Die Rolle der Partei ist es, nachzudenken, zu diskutieren, Ideen zu äußern. Ob und was davon umgesetzt werden kann, muss die Regierung entscheiden. Wir als Partei haben unsere Meinung zu äußern, auf uns wird gehört und wir nehmen durchaus Einfluss. Das Programm, nach dem heute regiert wird, haben wir seinerzeit gemeinsam ausgearbeitet. Aber inzwischen haben sich manche Gegebenheiten geändert. Da bleibt es nicht aus, dass sich Einschätzungen ebenfalls ändern und manchmal unterschiedlich ausfallen. Aber in den grundlegenden Fragen und Richtungen sind wir uns einig.

Welchen Platz nimmt für die PS der Kampf gegen die extreme Rechte ein?
Das ist für uns ganz wichtig, denn da liegt eine große Gefahr. Als Partei sehen wir uns nicht nur der Rechtspartei UMP, ihrer reaktionären Ideologie und dem daraus abgeleiteten Politikkonzept gegenüber, sondern ganz besonders auch den extrem rechten Kräften, mit denen so mancher in der UMP nur zu gern zusammengehen würde. Wir sehen es als eine unserer wichtigsten Aufgaben an, eine kulturelle Offensive gegen die extreme Rechte zu führen.

Wie reagieren Sie auf die scharfen verbalen Angriffe des Linksfront-Politikers Jean-Luc Mélenchon gegen die Sozialisten und gegen die Regierung, die möglicherweise sogar die Linksfront zu sprengen drohen?
Wie die Kommunisten so sind auch wir der Meinung, dass Meinungsaustausch normal ist, dass ihn die Linke braucht, dass es keine ein für alle Mal festgelegten Positionen geben kann. Kritik ist nötig, manchmal auch scharfe Kritik. Das gehört zu unserer Auffassung von den Beziehungen unter den linken Kräften, aber nicht Verleumdung und rüde Beschimpfung. So etwas hat in der Vergangenheit nur zu oft die linken Kräfte entzweit und der Rechten in die Hände gespielt. Wenn Mélenchon den sozialistischen Innenminister Manuel Valls und die Parteivorsitzende der Front National Marine Le Pen auf eine Stufe stellt und behauptet, beide Politiker ließen sich voneinander leiten und orientierten sich aneinander, dann ist das einfach unseriös und disqualifiziert den, der solche Positionen vertritt. So etwas kann nur der ganzen Linken schaden und sie schwächen.

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