Mit angezogener Bremse zu Steuergerechtigkeit

Österreich wegen Position gegenüber Abkommen mit den USA in der Kritik

  • Peter Nowak
  • Lesedauer: 3 Min.
Attac und das Tax Justice Network werfen der Regierung in Wien vor, den Informationsaustausch bei Kontodaten und damit eine »europäische Steuergerechtigkeit« zu behindern.

Weltweit lagern 32 Billionen Dollar auf Schwarzgeldkonten, heißt es in einer Studie des Tax Justice Network (Netzwerk für Steuergerechtigkeit). Allein für die Eurozone schätzt die Europäische Kommission den Steuerausfall auf über eine Billion Euro jährlich. »Mit dem Geld wären die Haushaltsprobleme der Krisenländer gelöst«, sagte denn auch EU-Parlamentspräsident Martin Schulz (SPD) in einer kürzlich ausgestrahlten ARD-Reportage mit dem prägnanten Titel »Steuerfrei - wie Konzerne Europa ausplündern«.

Die Fernsehdokumentation unterfütterte diese Auffassung mit zahlreichen Beispielen. Auch der ehemalige SPD-Finanzminister Hans Eichel meldete sich darin zu Wort und übte sich in heftiger Schelte einiger Nachbarländer. EU-Staaten wie die Niederlande, Irland oder Luxemburg gehörten zu den lukrativsten Steueroasen der Welt. »Für einige Länder ist die Steuervermeidung zum Geschäftsmodell geworden. Sie blockieren jede Initiative in Brüssel«, monierte Eichel. Schließlich sind für steuerliche Regelungen in Brüssel einstimmige Beschlüsse nötig. Dass Eichel als Finanzminister einer rot-grünen Bundesregierung selbst an Steuerreformen zugunsten der Unternehmen beteiligt war, kam dagegen nicht zur Sprache. Die Zurechtweisung von EU-Ländern, die angeblich Ansätze für mehr Steuergerechtigkeit verbieten, wirken dann eher wie das berühmte Schwarze-Peter-Spiel - die einzelnen Länder schieben sich gegenseitig die Verantwortung zu.

Die globalisierungskritische Nichtregierungsorganisation Attac Österreich und das Tax Justice Network haben diesen Mechanismus nun am Beispiel des geplanten Steuerabkommens mit den USA, das durch das US-Steuergesetz »Fatca« (Foreign Account Tax Compliance Act) ermöglicht werden soll, offengelegt. »Finanzministerin Maria Fekter erklärt sich bei EU-Gipfeln zur großen Kämpferin gegen intransparente Trusts in den USA und Großbritannien. Die Tatsache, dass sie nicht einmal bereit ist, österreichische Bankkonten in den USA zu prüfen, zeigt, dass es sich dabei nur um Ablenkungsmanöver im Interesse von Banken und der Steuervermeidungsindustrie handelt«, erklärte dazu Gerhard Zahler-Treiber von Attac Österreich.

Grund für diese Kritik sind Berichte der österreichischen Tageszeitung »Der Standard«, wonach das Finanzministerium freiwillig darauf verzichten will, Daten österreichischer Steuerbetrüger von den USA zu erhalten.

Eben jener Datenaustausch soll durch Fatca geregelt werden. Die Strategie des Verhaltens der österreichischen Regierung bestehe darin, so Attac und das Tax Justice Network, weiterhin jeden automatischen Informationsaustausch österreichischer Steuerbehörden zu verhindern und damit das umstrittene Bankgeheimnis zu wahren.

In Deutschland hat das Umsetzungsgesetz zu dem völkerrechtlichen Vertrag Ende Juni den Bundestag passiert. Hierzulande würden sich vor allem die klammen Kommunen über mehr Steuergerechtigkeit freuen. Nach Ansicht der AG Kommunen in Attac liegen die Ursachen für deren Finanznot nämlich in Steuerreformen zu Gunsten der Vermögenden und Unternehmen sowie der seit zwei Jahrzehnten anhaltenden Umverteilung von unten nach oben in fast allen europäischen Staaten. Sie ziehen andere Schlussfolgerungen als etwa jüngst die wirtschaftsnahe Bertelsmann Stiftung, die als Ausweg die mit weiteren Einschnitten bei der sozialen Infrastruktur verbundene Einführung einer Schuldenbremse auf kommunaler Ebene vorschlug. Foto: fotolia/fineas

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