Streit um »Wilde Inseln«
Spanische Ansprüche auch an Portugal
Alle Jahre wieder kochen Konflikte um spanische Hoheitsansprüche hoch. Schon den ganzen Sommer beschäftigt der Streit um die britische Kronkolonie Gibraltar das Land. Im Sommertheater um den Affenfelsen wurde am Dienstag ein neuer Akt im spanischen Parlament gegeben, weil Außenminister José Manuel García Margallo sein Vorgehen in dem Konflikt auf eigenen Wunsch verteidigen wollte. Ein anderer Streit bleibt derweil weitgehend unbeachtet: Madrid macht dem Nachbarn Portugal eine Inselgruppe streitig.
Wie jetzt bekannt wurde, hatte sich Spanien schon am 5. Juli schriftlich an die Vereinten Nationen gewandt, weil es die »Wilden Inseln«, die früher auch Sebaldinen oder Sebaldsinseln genannt wurden, nicht als Inseln anerkannt wissen will. Nachdem die portugiesische Zeitung »Diário de Notícias« über den Vorgang berichtete, hat Portugals Regierung angekündigt, sich ebenfalls an die UNO wenden zu wollen, um den Vorstoß zurückzuweisen. »Portugal wird schriftlich seine Position gegenüber den Vereinten Nationen wiederholen«, sagte Außenminister Rui Machete.
Zwar hatte Spanien nach einem mehr als 550-jährigen Streit im Jahre 1997 anerkannt, dass die etwa 2,5 Quadratkilometer große Hauptinsel Selvagem Grande und die übrigen kleineren Inseln und Felsen zu Portugal gehören, doch in einem zentralen Thema hat Spanien bisher nicht eingelenkt.
Nun setzt die konservative Regierung unter Mariano Rajoy nach und macht Portugal die Souveränität über die Gewässer rund um die Inseln streitig, die zu Madeira gehören. Sie liegen 280 Kilometer südlich der zu Portugal gehörigen Insel. Der Staat kaufte sie 1971 von einem Privatmann. Seither sind sie ein Naturschutzreservat, das älteste Portugals und das einzige, das von der EU mit dem Europadiplom ausgezeichnet wurde. Seit dem 16. Jahrhundert waren die Inseln im Besitz portugiesischer Familien.
Mit seinem Vorstoß bei der UNO will Madrid erreichen, dass die Inseln nur als »unbewohnte Felsen« im Meer eingestuft werden. Das hätte Auswirkungen auf die Gewässer rund um die Eilande. Bisher kontrolliert Portugal dort ein etwa 200 Seemeilen großes Gebiet. Spanien will mit allen Mitteln erreichen, dass die Inseln in keinem Fall auch als Ausschließliche Wirtschaftszone (AWZ) anerkannt werden, wie es Portugal möchte. Madrid argumentiert, es handele sich um unbewohnte Felsen, und eine Anerkennung als AWZ wäre »inakzeptabel«. Spanien fordert sogar eine Neueinstufung als »Hoheitsgewässer«, womit die von Portugal kontrollierte Zone auf zwölf Seemeilen schrumpfen würde.
Letztlich geht es also um handfeste wirtschaftliche Interessen. Nach dem UN-Seerechtsübereinkommen nimmt Portugal Hoheitsbefugnisse in der 200-Meilen-Zone wahr. Und das schließt das alleinige Recht zur wirtschaftlichen Ausbeutung ein, einschließlich des Fischfangs.
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